Wildtiere:Wo Wolf und Elch sich "Gute Nacht" sagen sollen

Schleswig-Holstein will nicht nur mehr für den Schutz des Wolfes tun, sondern auch für den des Elchs - falls mal einer vorbeischauen sollte.

Ralf Wiegand

Der vierte Schuss war der Fangschuss, endlich. Da lag der stolze Rüde nun, niedergestreckt im Unterholz eines Wäldchens nahe Gedelitz im Landkreis Lüchow-Dannenberg, mausetot. Sie hätten das Tier von seinen Qualen erlösen wollen, sagten die beiden Jäger später vor Gericht, es sei ja schon verletzt gewesen - aber das bewahrte sie auch nicht mehr vor hohen Geldstrafen. Sie hatten einen Wolf erlegt, eine der am strengsten geschützten Arten und das seltenste in Deutschland vorkommende Säugetier.

Wölfe in Deutschland

Der Mensch ist der Feind des Wolfes. Wird er nicht erschossen wie vor einem Jahr im Wendland, so läuft der graue Jäger Gefahr, einfach überfahren zu werden.

(Foto: Foto: dpa)

Das Beispiel aus Niedersachsen zeigt, dass die Ur-Angst des Menschen vor dem Wolf umgekehrt weit angebrachter wäre: Der Mensch ist der Feind des Wolfes. Wird er nicht erschossen wie vor einem Jahr im Wendland, so läuft der graue Jäger Gefahr, einfach überfahren zu werden. Auf diese Art kam der letzte in Schleswig-Holstein gesichtete, freilebende Wolf zu Tode. Er wurde im April 2007 nahe Süseln/Ostholstein in einen Verkehrsunfall verwickelt.

Wolfsmanagementplan

Das soll in Schleswig-Holstein kein zweites Mal passieren. Nach Brandenburg und Sachsen, wo die Wiederansiedlung von Wolfsrudeln in der Natur gelungen ist, plant nun auch der deutsche Norden, die Wölfe aus dem Osten gebührend zu empfangen. Das Umweltministerium arbeitet an einem Wolfsmanagementplan, will "Wolfsbetreuer" ausbilden und Entschädigungszahlungen vorab regeln, falls Wölfe Nutztiere reißen sollten.

So etwas gibt es zwar zum Beispiel auch schon im fernen Bayern, die Schleswig-Holsteiner aber haben ihrem Managementplan eine besondere Fußnote verpasst. Neben dem Wolf bereiten sie sich auch gleich auf die Rückkehr des Elches vor. Denn den gab es einst hinterm Deich tatsächlich, und irgendwann wird er wiederkommen, zumindest zu Besuch. "Darauf wollen wir vorbereitet sein", sagt Christian Seyfert vom Umweltministerium in Kiel. Eine dauerhafte Ansiedlung sei aber unwahrscheinlich. Im Land der Horizonte ist dafür zu wenig Wald.

Elche leben in Skandinavien, aber zum Beispiel auch im Baltikum. Eher ausgeschlossen ist, dass einzelne der großen Tiere, obwohl gute Schwimmer, durch den Fehmarn Sund nach Schleswig-Holstein paddeln könnten. Da wählen die Tiere doch lieber die Landroute, immer am Ufer der Ostsee entlang auf ihrem Zug nach Westen, wenn die Rudel zu Hause zu groß werden und der Lebensraum zu klein. Die kürzeste Strecke hätten sie aus Polen zurückzulegen. In der Lausitz, wo auch der Wolf daheim ist, gibt es einen größeren Bestand der Hirschriesen, die bis zu 2,30 Meter Höhe erreichen.

Er wachte nicht mehr auf

Sechs Tiere verirrten sich seit 1970 tatsächlich nach Norddeutschland, gleich der erste von ihnen fand ein trauriges Ende. Im September vor 37 Jahren spazierte ein Elch mitten durch Lübeck. Erst wurde er fotografiert und dann mit einem Narkosegewehr zur Strecke gebracht. Leider war das Betäubungsmittel so dosiert, dass er nie wieder aufwachte.

"So etwas soll in Zukunft vermieden werden", sagt Sandra Redmann, als tierschutzpolitische Sprecherin der SPD an den Managementplänen beteiligt. Die Politik lobt die Rolle von Naturschützern und Jägern, die - als nicht gerade miteinander befreundete Interessensgruppen - gemeinsam in einem Arbeitskreis an der Rückkehr von Wolf und Elch arbeiten.

Zu viele Elche sollten es aber vielleicht besser nicht werden. In Schweden werden jährlich 5.000 Verkehrsunfälle unter Beteiligung der bis zu 800 Kilo schweren Hirsche registriert. Anders als beim Wolf aus Süseln ist ein Elch dabei selten der alleinige Verlierer.

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