Widerruf eines Patents:Ethische Frage - ungelöst

Das Patentamt widerruft ein Patent zur Verarbeitung der Heilpflanze Pelargonium - mit Hinweis auf das technische Verfahren. Doch der Vorwurf der Biopiraterie besteht weiter.

Barbara Galaktionow

Das Europäische Patentamt (Epa) hat ein Patent zum Herstellen des Erkältungsmittels Umckaloabo widerrufen. Das Verfahren des Pharmaunternehmens Schwabe zur Extraktion der Wirkstoffe aus südafrikanischen Pflanzen sei patentrechtlich keine Erfindung, sagte ein Epa-Sprecher am Dienstag in München. Die Technik sei bereits "ausreichend vorbekannt" gewesen.

Pelargonium, ap

Pflanze mit Heilwirkung: Afrikanische Varianten der Pelargonie enthalten Wirkstoffe, die bei Magenproblemen oder Atemwegserkrankungen helfen können.

(Foto: Foto: AP)

Mit einem anderen Vorwurf setzte sich die Behörde jedoch nicht auseinander: dem der Enteignung traditionellen afrikanischen Wissens. Die klagenden Nichtregierungsorganisationen (NGOs) warfen Schwabe nämlich vor, bei der Herstellung des Bronchitis-Medikament Umckaloabo neben den Inhaltsstoffen der Heilpflanze Pelargonium auch das traditionelle Wissen südafrikanischer Gemeinschaften zu nutzen.

Das Pharmaunternehmen betonte denn auch in einer Stellungnahme, dass das Patent "aus technischen Gründen, die die erfinderische Tätigkeit betreffen, vorläufig widerrufen" worden sei. Ethische Vorwürfe sieht das Unternehmen demnach als widerlegt an.

Das Herstellungsverfahren sei als "neu" eingestuft worden, was bedeute, dass das Patent "nicht im Entferntesten" traditionelles Wissen verwende. Besonders wichtig sei es dem Unternehmen jedoch, "dass damit der Vorwurf der Biopiratierie ... eindeutig zurückgewiesen wurde", schreibt Schwabe.

Das sieht man auf der Gegenseite ganz anders: Obwohl die Entscheidung des Patentamts sich auf das technische Verfahren stützt, werteten die NGOs den Widerruf als "Erfolg im Kampf gegen die Biopiraterie", wie es in einer Erklärung des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED) hieß, der die Klage unterstützt hatte.

"Kampf gegen Biopiraterie"

"Wir freuen uns, dass mit dem Urteil Schwabe das Recht aberkannt wurde, die Nutzung genetischer Ressourcen und traditionellen Wissens aus Südafrika zu monopolisieren", teilte Mariam Mayet vom African Center for Biosafety darin mit. Ihre Organisation hatte zusammen mit der "Erklärung von Bern" (EvB) aus der Schweiz und mehreren Wettbewerbern Schwabes gegen das 2007 erteilte Patent geklagt.

"Wir freuen uns, weil es uns gelungen ist, ein solches Patent rückgängig zu machen - wenn auch aus einem anderen Grund", sagte EED-Referent Michael Frein sueddeutsche.de. Zwar habe das Patentamt das Extraktionsverfahren der Firma Schwabe als "neu" bewerten, obwohl es bereits in verschiedenen Handbüchern beschrieben werde, wenn auch nicht zusammengefasst in einem Dokument.

Zudem habe die Behörde den Vorwurf der Biopiraterie gar nicht geprüft - doch sei dieser im Patentrecht auch nicht enthalten. Das sei ja auch genau der Punkt, den die beteiligten Organisationen langfristig ändern wollten.

Ihr Ziel sei es, im Rahmen internationaler Verträge, der Welthandelsorganisation oder der Konvention über die biologische Vielfalt (CBD), eine rechtliche Grundlage zu schaffen, die derartige Patente grundsätzlich nicht zulasse und die Interessen der Menschen in Entwicklungsländern stärke.

Patent besteht vorerst weiter

Die jetzige Entscheidung bewertete er im Hinblick auf das Gesamtziel daher sowohl negativ als positiv: "Rechtlich gesehen hilft uns das Null, politisch hilft es uns enorm", sagte Frein. Denn nach dem Patent-Widerruf könnte der Fall jetzt zumindest mit gutem Grund in die CBD-Verhandlungen reingetragen werden.

Während die Schwabe-Konkurrenten technische Patentierungskriterien nicht erfüllt sahen, geht es den NGOs vor allem darum, dass Gesellschaften nicht durch in Industriestaaten vergebene Patenter ihrer genetischen Ressourcen und ihres angestammten Wissens enteignet werden.

Die Firma Schwabe will Beschwerde gegen die Entscheidung einlegen. Sollte der Widerruf des Patents rechtskräftig werden, können sich auch andere Hersteller der Methode der Extraktion aus den Pelargonium-Pflanzen bedienen. Bis zu einer endgültigen Entscheidung besteht das Patent jedoch weiter.

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