Wetterforschung:2015 bricht Wärmerekord

Der Klimawandel ist längst ernste Realität: Nie war die Erde so warm wie 2015. Die durchschnittliche Temperatur lag bei 14,8 Grad Celsius. Das sind 0,9 Grad mehr als im Durchschnitt des zwanzigsten Jahrhunderts.

Von Christopher Schrader

Noch nie, seit Wetterdaten ermittelt werden, war die Erde so warm wie 2015. Nach Angaben der amerikanischen Behörde für Ozeane und Atmosphäre Noaa lag die globale Durchschnittstemperatur bei 14,8 Grad Celsius, 0,9 Grad über dem Durchschnitt des 20. Jahrhunderts. Damit wurde das bisherige Rekordjahr 2014 deutlich überboten. Auch die japanische Wetteragentur hat 2015 auf Platz eins der Wetterstatistik gesetzt. Zum gleichen Urteil kommt die Universität Berkeley. Die Auswertung von Temperaturmessungen aus aller Welt ist ein schwieriges Geschäft, sodass sich die Ergebnisse oft leicht unterscheiden. Die Statistik der US-Behörde Noaa gilt aber als eine der wichtigsten.

Der Rekord kam nicht überraschend. Im Oktober hatte die Noaa die Wahrscheinlichkeit dafür mit 99,9 Prozent angegeben. Am Ende erreichte auch der Dezember 2015 einen Rekord, es war der zehnte Spitzenmonat des Jahres. Und es war der erste Monat in der Geschichte regelmäßiger Klimaaufzeichnungen, der mehr als ein Grad wärmer war als die durchschnittlichen Vergleichsmonate des 20. Jahrhunderts. Die Analyse erwähnt insbesondere die ungewöhnlichen Temperaturen in Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden und Deutschland. Hier stiegen die Thermometer laut Deutschem Wetterdienst im vergangenen Monat um 5,2 Grad über die Werte der Vergleichsperiode 1981 bis 2010.

Der neue Wärmerekord erklärt sich zum Teil aus einem Wetterphänomen im Pazifik, das El Niño genannt wird. Dabei quillt warmes Meerwasser im östlichen Pazifik an die Oberfläche, was die Druckverhältnisse und Niederschlagsmuster auf beiden Seiten des Stillen Ozeans umkehrt. An den Westküsten der amerikanischen Kontinente regnet es stärker, dort haben einige Regionen schon den Notstand ausgerufen. In Asien und Ozeanien hingegen herrscht Dürre; auch die massiven Waldbrände in Indonesien werden auf El Niño zurückgeführt.

Dieser Anschub hat dazu beigetragen, dass 2015 sogar um 0,16 Grad wärmer war als 2014; bisher wurden Rekorde meist nur in der zweiten Stelle nach dem Komma überboten. Doch El Niño ist nicht der einzige Faktor. "Nachrichten wie jene vom neuen Rekordjahr 2015 bestätigen, dass der stetige Klimawandel längst ernste Realität ist", sagt Wolfgang Lucht vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Das zeigt sich auch an einer weiteren Zahl, die Statistiker der Universität Berkeley ausgerechnet haben: Demnach war 2015 schon 1,4 Grad wärmer als der Durchschnitt der Jahre 1851 bis 1900, also der Anfangszeit der Industrialisierung.

Damit ist das selbstgesetzte Ziel der Staatengemeinschaft, die Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, bereits zu zwei Dritteln ausgeschöpft. Der Planet solle sich um nicht mehr als zwei Grad gegenüber der Zeit vor der industriellen Revolution erwärmen, haben die Nationen erst im Dezember in Paris bekräftigt. Besser wäre sogar ein Temperaturanstieg von höchstens 1,5 Grad.

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