Werbekampagne:Wie die Energieeffizienz an der Plakatwand verunstaltet wird

Stromsparen ist in der Tat extrem wichtig. Doch was macht das Wirtschaftsministerium? Eine Kampagne voller schlechter Witze.

Kommentar von Patrick Illinger

Von einem der Plakate blickt eine ältere Dame hochnäsig auf den Betrachter herab. Die Wand hinter ihr ist opulent mit Ölbildern behängt. Der Werbespruch lautet: "Effizient ist, hinter den Wänden zu sparen. Nicht davor". Ein anderes Plakat dieser deutschlandweiten Werbekampagne zeigt einen streberhaften Büromenschen vor einer Wohnzimmerlampe, dessen Gebiss wahlweise an die Figur des Beißers aus James-Bond-Filmen erinnert oder an eine Zahnbehandlung aus der Vorkriegszeit. Glitzernde Metallkronen funkeln aus dem Mund. Der Spruch: "Effizient ist, an den Leuchten zu sparen. Nicht am Strahlen".

Ach, wie witzig.

Es geht um Energieeffizienz, da darf man also teure Bilder in die Wohnung hängen, sofern hinter den Wänden alles richtig gemacht ist. Und das Gebiss darf ausgiebig strahlen, so lange die Stehlampe mit LEDs bestückt ist. Man kann sich bildhaft vorstellen, wie die Schlauköpfe von der Werbeagentur ihrem Kunden - dem Bundeswirtschaftsministerium - diese groteske Art der Zielgruppen-Ansprache schmackhaft gemacht haben. "Es geht um Auf-merk-sam-keit!"

Bloß wird hier keine Fußcreme werblich verunstaltet, sondern das so wichtige Thema Energieeffizienz. Während die Abschaltung von Atomkraftwerken, die Standorte von Windrädern und neuen Stromtrassen sowie die EEG-Reform enorme Aufmerksamkeit erfahren, wird der einfachste Beitrag zur Energiewende zu wenig wahrgenommen, geschweige denn systematisch umgesetzt: die Steigerung der Effizenz: bessere Leuchtmittel, modernere Heizkessel, Gebäudedämmung, A+++-Kühlschränke, das nächtliche Abschalten von Unterhaltungselektronik und all das.

Wer weiß schon, wie viel Strom und Gas der eigene Haushalt verbraucht

Schon der Begriff Effizienz wirkt auf die meisten Menschen sperrig, zumindest nicht reizvoll. Und ganz ehrlich, wer weiß schon, wie viel Strom und Gas der eigene Haushalt überhaupt verbraucht? Doch an dieser Stelle könnte man Verbraucher viel besser packen als mit einer pseudointelligent verwitzelten (und vermutlich teuren) Motivationskampagne.

So wie an Tankstellen die Benzinpreise angeschlagen sind, sollten intelligente Strom- und Gaszähler zur Pflicht werden, welche die aktuell pro Stunde im Eigenheim oder der Firma anfallenden Energiekosten anzeigen. Viele Menschen würden sich im Alltag sofort auf die Suche machen nach unnötigen Verbrauchern im Eigenheim oder der Firma.

Bis das so weit ist, sei dennoch ein Blick auf die Website hinter der bizarren Gebiss-Kampagne empfohlen. Dort gibt es tatsächlich gute Tipps zum Energiesparen - mit weniger Werbeagenturhumor: www.deutschland-machts-effizient.de

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