Weltraum:Rosetta zeigt die Einzigartigkeit der Erde

Europa kann Weltraum, das ist nach der erfolgreichen Mission der Sonde Rosetta deutlich geworden. Doch Ergebnis des Projekts ist auch, dass die Erforschung ferner Himmelskörper Grenzen haben muss.

Ein Kommentar von Patrick Illinger

Man kann sich das vorstellen wie eine lange Autofahrt, die zunächst reibungslos verlief: Das Benzin ging nicht aus, die richtigen Straßen wurden auf Anhieb gefunden, der Zeitplan wurde eingehalten. Und am Ziel fährt man beim Einparken das benachbarte Auto an. So etwas kann die Freude an der gesamten Reise beträchtlich trüben.

Ähnlich war es bei der am Freitag zu Ende gegangenen Mission der Weltraumsonde Rosetta. Es ist im Grunde unvorstellbar, dass es gelungen ist, ein menschengemachtes Gerät auf einem genau vorausberechneten Weg zehn Jahre lang, Hunderte Millionen Kilometer weit durch das Sonnensystem zu lotsen, um einen winzigen Brösel, einen Kometen, zu erreichen. Ein Himmelskörper, der für Astrophysiker ein Schatzkästchen des Wissens ist.

Doch als die Rosetta-Sonde ein Landegerät absetzte, passierte ein Missgeschick

Moleküle von Wasser bis hin zu Aminosäuren aus den Urzeiten des Sonnensystems sind darin festgefroren. Doch als die Rosetta-Sonde ein kleineres Landegerät absetzte, das erstmals in der Geschichte auf einem Kometen landen sollte, passierte ein Missgeschick. Das Landegerät Philae prallte zunächst ab und taumelte schließlich in eine dunkle Spalte des Kometen.

Es ist bewundernswert, dass die beteiligten Wissenschaftler ihrer Enttäuschung kaum Ausdruck gegeben haben. Das ist zum Teil sicherlich PR, aber zum Teil auch das Wesen der Wissenschaft. Man nimmt die Daten, die man bekommen kann. Und einiges konnte das Landegerät mit seinen schnell zur Neige gehenden Batterien durchaus noch zur Erde funken. Zum Beispiel, dass dieser Komet porös ist wie ein am Strand geformter Sandball. Dass er komplexe Moleküle enthält, die in der Biologie wichtig sind, woraus folgt, dass es vermutlich auch anderswo im All biologische Lebensformen gibt.

Und wenn man die Mission abseits ihres konkreten wissenschaftlichen Gehalts bewertet, lassen sich zwei Erkenntnisse ableiten. Erstens: Europa kann Raumfahrt und muss nicht nur als Juniorpartner der Nasa in Erscheinung treten, um beispielsweise Frachtbehälter für die Internationale Raumstation zu fertigen. Zweitens: Visionäre Weltraummissionen wie diese sensationelle Landung auf einem fernen Himmelskörper lassen sich am besten realisieren, wenn man auf den größten Hemmschuh der Raumfahrt verzichtet - auf den Menschen. Da können Internet-Milliardäre wie Elon Musk so viel über Mars-Kolonien fantasieren, wie sie wollen. Eine ernsthafte Erkundung unserer interplanetaren Nachbarschaft sollte noch lange mit unbemannten Raumsonden erfolgen. Genau solche Sonden haben uns auch gezeigt, wie es auf dem Mars aussieht. Es ist ein karger, unwirtlicher Ort.

Im Grunde geht es nur um das klassische Angebergehabe: been there, done that.

Das immer wieder aufkommende Mars-Gerede erinnert stark an unrühmliche Supermacht-Machismen aus der Ära des Kalten Krieges. Im Grunde geht es nur um das klassische Angebergehabe: been there, done that. Flagge aufstellen, Erster gewesen. Rohstoffe vom Mars? Wie sollen diese zur Erde gelangen? Der Mars als neuer Lebensraum? Theoretisch könnte in Zehntausenden Jahren mit extremem Aufwand eine Atmosphäre heranwachsen. Doch wie viel einfacher und klüger erscheint die Idee, den vorhandenen Lebensraum auf der Erde in Ordnung zu bringen, Plastikmüll, Klimawandel, Ressourcenverschwendung und all das. Dinge, von denen mancher, nicht zuletzt ein amerikanischer Präsidentschaftskandidat, behauptet, es gebe sie gar nicht.

Doch genau das ist die wichtigste Geschichte, die jeder neue, von irdischen Sonden besuchte Himmelskörper erzählt: Es ist die Geschichte von der Einzigartigkeit des Blauen Planeten namens Erde.

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