Washingtoner Artenschutzübereinkommen:Tödlicher Tierschutz

Fast ein Jahr vergeht, bis ein Handelsverbot für eine gefährdete Art in Kraft tritt. Für die Tiere ist das nicht gut: In dieser Zeit steigt der Handel mit ihnen nochmals sprunghaft an.

Martin Kotynek

Eigentlich sollte das Washingtoner Artenschutzübereinkommen gefährdete Tier- und Pflanzenarten vor dem Aussterben bewahren. Doch wenn die Vertreter der 171 Staaten, die das Cites abgekürzte Abkommen unterzeichnet haben, von Sonntag an auf ihrer Konferenz in DenHaag über neue Handelsverbote für bedrohte Arten entscheiden, könnten sie mehr Schaden als Nutzen anrichten:

Washingtoner Artenschutzübereinkommen: Aras auf der Stange: Mehr Schaden als Nutzen.

Aras auf der Stange: Mehr Schaden als Nutzen.

(Foto: Foto: dpa)

Der Ökologe Philippe Rivalan von der Universität Paris-Sud berichtet in Nature, dass Arten, die besonders schützenswert sind, durch die Verhängung von Handelsverbote noch stärker in Bedrängnis kommen (Bd.447, S.529, 2007).

Bei der Konferenz werden die Vertreter der Staaten Anträge einbringen, Arten vom Anhang 2 des Übereinkommens in den Anhang 1 zu versetzen. Während der Handel mit jenen 32500 Arten, die im Anhang 2 aufgelistet sind, zwar beschränkt, aber grundsätzlich erlaubt ist, gilt für jene etwa 800 Arten, die im Anhang 1 geführt werden, ein weltweites Handelsverbot.

Sie sind akut vom Aussterben bedroht. Bis das Handelsverbot nach dem Antrag in Kraft tritt, vergehen jedoch zwischen 240 und 420 Tage. Das sei zu lang und bringe die bedrohten Arten erst recht in Gefahr, kritisiert Rivalan: ,,Während dieser Übergangszeit steigt der Handel nämlich deutlich an.''

Der Ökologe hat die Handelsdaten von 46 Tierarten analysiert, die zwischen 1980 und 2003 vom Anhang 2 in den Anhang 1 hochgestuft wurden. Ein Jahr bevor die Handelsverbote in Kraft traten, kam es zu einem regelrechten Boom:

Händler nutzen die Frist für legale Geschäfte

Der legale Handel mit den bedrohten Wildtieren stieg im Vergleich zum Vorjahr im Durchschnitt um 135 Prozent an. So wurde in der Übergangszeit die Hälfte aller Ägyptischen Landschildkröten und ein Zehntel aller Geoffreys-Katzen getötet.

Offenbar nutzten Händler die Frist, um noch schnell legale Geschäfte zu machen, bevor das Embargo in Kraft trat. So trieben sie die Tiere womöglich noch schneller in die Ausrottung.

Doch die Übergangszeit zu verkürzen sei keine brauchbare Lösung, sagt Volker Homes, der für die Umweltorganisation WWF an der diesjährigen Konferenz teilnimmt: ,,Nur wenn alle Staaten voll hinter einem Antrag stehen, wird das Handelsverbot auch effektiv vollzogen.'' Ein ausführlicher Entscheidungsprozess sei daher langfristig sinnvoll.

Das bestätigt auch Rivalan und schlägt stattdessen vor, bedrohte Arten in Zukunft schon frühzeitig in den Anhang 2 aufzunehmen, um sie mit Handelsbeschränkungen zu retten.

So könne eine spätere Hochstufung - und damit die gefährliche Übergangszeit - vermieden werden: ,,Das nützt mehr als Verbote im letzten Moment.'' Genau diesen Weg will die deutsche Delegation bei der diesjährigen Konferenz gehen: Sie schlägt im Namen der EU-Staaten vor, Dornhai und Heringshai in den Anhang 2 aufnehmen zu lassen, um sie vor weiterer Überfischung zu schützen.

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