Verkehr:Es stinkt was in Deutschland

Verkehr

Die Emissionen im Verkehr sind seit Jahrzehnten wie festgefroren.

(Foto: dpa)

Auf dem Klimagipfel in Paris wird Deutschland gelobt. Doch die Autobranche könnte die Erfolge im Klimaschutz zunichte machen.

Kommentar von Christoph Behrens

International feiert Deutschland sich gern als Umweltschützer. Neidisch, ehrfürchtig blickten viele Staaten während der Klimakonferenz in Paris zum Beispiel auf die Energiewende. Manche Lorbeeren sind berechtigt. Fabriken, Haushalte, der Handel, die Energieerzeuger stoßen heute weniger Treibhausgase aus als vor 25 Jahren.

Fast jeder hat seinen Beitrag für den Klimaschutz geleistet - außer dem Individualverkehr. 1200 Milliarden Kilometer legen alle Deutschen im Jahr insgesamt zurück, drei Viertel davon mit dem Auto. An dem Wert hat sich seit zwei Jahrzehnten nichts geändert, der Benzinverbrauch steigt sogar. Der Trend geht zu schweren, spritschluckenden Modellen; jedes fünfte Fahrzeug in Deutschland ist mittlerweile ein SUV. Kleinwagen würden dagegen "langweiliger" für die Käufer, urteilt der Duisburger Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer.

SUVs als "Gewinnbeschleuniger"

Dummerweise ist diese Einstellung zum Exportschlager geworden. Die gleichen PS-Boliden, die für hohe Feinstaubwerte in München und Stuttgart sorgen, verzeichnen die höchsten Wachstumsraten in Schwellenländern wie Indien und China. Nicht nur die heimische Energiewende, auch der globale Klimaschutz wird so konterkariert. Der Erfolg des Größenwahns mag bislang beachtlich sein: 2014 war das umsatzstärkste Jahr der Autobranche, SUVs wirkten als "Gewinnbeschleuniger", schwärmen deren Vertreter.

Doch die Zahlen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Autoindustrie gerade ihre Innovationskraft verspielt. Die meisten Patentanmeldungen für alternative Antriebe kommen derzeit aus Fernost, hat die Münchner Kanzlei Grünecker ermittelt. Japan und Korea dominieren auch die Wertschöpfungskette neuer Batterietechnologien - zentrale Bausteine für die saubere Mobilität der Zukunft. In Deutschland hingegen haben Patentanmeldungen auf den alten Verbrennungsmotor einen Höchststand erreicht, die Forschung an Alternativen lässt nach.

Langfristig könnte diese Rechnung böse ausgehen. In China laufen kleinere Hersteller von Elektroautos, wie der von Warren Buffett finanzierte BYD-Konzern, den westlichen Firmen bereits den Rang ab. Gerade hat die Klimakonferenz in Paris deutlich gemacht, dass auch Schwergewichte wie die USA dazu bereit sind, Klimaschutz künftig mit harten Vorschriften zu erzwingen. Was passiert, wenn große Konzerne solche Vorzeichenwechsel verschlafen, zeigt das Beispiel RWE. Die Essener haben lange Zeit zu wenig in Erneuerbare investiert und schreiben jetzt hohe Verluste. Auch der Ausbau von Windenergie und Solarkraft wurde zunächst belächelt - mittlerweile wird er weltweit kopiert. So ein Ruck muss nun auch bei der Mobilität passieren.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: