Verhaltensforschung:Tricksen für den guten Zweck

Sozialwissenschaftler haben Methoden bewertet, mit denen Kunden zum Energiesparen erzogen werden. Aber ist das überhaupt vertretbar, das Verhalten von Menschen mit solchen Tricks zu beeinflussen?

Von Sebastian Herrmann

Die beste Technik kommt nicht gegen den Menschen an. Klar, Energiesparlampen verbrauchen weniger Strom als die alten Glühbirnen. Und eine ordentliche Wärmedämmung drückt sicherlich auch den Energieverbrauch der Heizung. Doch am Ende ist entscheidend, wie sich der einzelne Konsument verhält: Man kann auch eine Energiesparlampe die ganze Nacht unnötig brennen lassen und in einem gut gedämmten Haus bei laufender Heizung die Fenster öffnen. Wenn die Menschen ihr Verhalten nicht anpassen, dann schöpft die beste technische Lösung ihr Energiesparpotenzial nicht aus. Deshalb, so lässt sich eine Analyse von Psychologen um Beth Karlin von der University of California in Irvine zusammenfassen, sollte Verbrauchern so unmittelbar wie möglich Feedback über ihren Verbrauch gegeben werden (Psychological Bulletin, online). Denn dann schalten sie Elektrogeräte eher aus oder achten darauf, weniger zu heizen.

Sozialwissenschaftler erkunden schon lange, wie mit kleinen Tricks menschliches Verhalten in die jeweils gewünschte Richtung bugsiert werden kann. Die Psychologen um Karlin haben für ihre Meta-Analyse nun 42 Studien mit mehr als 250 000 Teilnehmern danach ausgewertet, mit welchen Methoden Verbraucher am erfolgreichsten dazu verleitet werden, zu Hause möglichst wenig Energie zu verbrauchen.

Es geht darum, beim Stromkunden den sportlichen Ehrgeiz zu wecken

Die stärksten Effekte zeigen demnach Verfahren, bei denen Kunden etwa auf ihren Smartphones oder Rechnern quasi in Echtzeit ihren Energiebedarf verfolgen können. Das Auf-und-Ab des eigenen Verbrauchs nur alle paar Wochen auf den Rechnungen des Versorgers zu verfolgen, zeige hingegen keine Wirkung. Ein Verbraucher ändert sein Verhalten wohl nur, wenn er die Auswirkungen seines Tuns sofort beobachten kann. Der Verbraucher müsse das Gefühl haben, involviert zu sein, argumentieren die Forscher. Deshalb reiche es nicht, so zeigen die analysierten Studien, Appelle zu verbreiten und darauf hinzuweisen, dass sich auch Geld sparen lässt, wenn der Stromverbrauch reduziert wird. Stattdessen sei es hilfreich, wenn der Kunde Ziele für sich setzen kann: Wenn ein Verbraucher versucht, eine gewisse Menge Kohlendioxid pro Monat einzusparen oder seinen Stromverbrauch unter einen von ihm festgelegten Wert zu drücken, dann weckt das offenbar den sportlichen Ehrgeiz im Menschen. Wenn die Kunden dann auch noch stets verfolgen könnten, wie gut sie im Plan sind, dann drücke das ihren Energieverbrauch besonders effektiv, berichten die Wissenschaftler um Karlin.

In Kalifornien setzen Versorger gerade auf ein anderes Verfahren: sozialen Druck. Der US-Bundesstaat leidet gerade unter den Folgen einer extremen Dürre. Um die Folgen zumindest abzumildern, müssen Verbraucher ihren Wasserverbrauch reduzieren. Manche Versorger informieren ihre Kunden deshalb, wie viel Wasser einzelne Haushalte in der Nachbarschaft nutzen. Natürlich möchte niemand öffentlich als Verschwender dastehen - und auch die bloße Information, dass der Nachbar mit weniger Wasser auskommt, führt wohl zu einer Verhaltensänderung.

Trotzdem sind die Wissenschaftler um Karlin von diesem Verfahren nicht absolut überzeugt, dazu sei die Studienlage zu dünn. Diese Technik anzuwenden, sei gewiss besser, als gar nichts zu tun. Wie sich der Verbraucher aber am besten für den guten Zweck manipulieren lässt, das ist auch nach Auswertung von zig Studien kaum festzustellen.

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