Verhaltensforschung:Bienen aus der Konserve

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Insekten haben keine Kühlschränke - wie also können sie ihre Vorräte vor Pilze und Bakterien schützen? Eine Raubwespe benutzt dazu das Wasser, das ihr im Munde zusammenläuft.

Marcus Anhäuser

Bienenwölfe haben ein Problem, das jeder kennt, der einen Festtagsbraten oder andere Lebensmittel ein paar Tage lang aufbewahren möchte:

Bienenwölfe konservieren ihre beteubte Beute bis zu elf Tage lang. (Foto: Foto: Martin Kaltenpoth)

Ohne Kühlschrank wird das Essen schnell schlecht und schimmelt. Pilze und Bakterien machen sich über die Nahrung her.

Der in wärmeren Regionen Deutschlands heimische Bienenwolf - eine gelb-schwarz gestreifte Raubwespe mit einer Vorliebe für Bienen - kennt eine alternative Konserviermethode:

Er verwahrt betäubte Bienen bis zu elf Tage lang im feucht-warmen Klima seiner Brutkammern allein durch die Kraft seiner Spucke. Das entdeckten Gudrun Herzner und Erhard Strohm von der Universität Regensburg ( Current Biology, Bd. 17, S. 46, 2007).

Bis zu sechs paralysierte Bienen lagert ein Bienenwolf-Weibchen im Sommer in Brutkammern ein paar Zentimeter tief im sandigem Boden ein.

Die Luftfeuchtigkeit in den Kammern erreicht tropische Verhältnisse, bis zu 30 Grad Celsius bei hundert Prozent Luftfeuchtigkeit. Das Klima bietet ideale Bedingungen für Schimmelpilze, die das Frischfleisch bedrohen, an dem sich die geschlüpfte Bienenwolf-Larve fett und rund fressen soll.

Schutz vor Schimmel

Um den Schimmel zu bekämpfen, schleckt die Wespenmutter die Bienen ab, bevor sie ihr Ei, samt Beute in der Kammer zurücklässt. "Das Weibchen balsamiert die Biene vollständig ein, und hüllt den Körper in eine dünne Sekretschicht mit einem hohen Anteil an langkettigen ungesättigten Kohlenwasserstoffen", sagt Gudrun Herzner.

"Damit greift das Weibchen den Schimmelpilz an seiner Achillesferse an", sagt Erhard Strohm, der die Wespen seit zwanzig Jahren untersucht. Das Einbalsamieren verhindert, dass sich Feuchtigkeit auf den Bienenkörpern niederschlägt.

Das zeigen Versuchsreihen mit unbeleckten und beleckten Bienen und der Blick durchs Rasterelektronenmikroskop. Die ungesättigten Kohlenwasserstoffe verleihen der Balsamhülle eine ölige Konsistenz, die wasserabweisend wirkt. "

Zudem bedeckt der Speichel Feinstrukturen und Schmutzpartikel, die dann nicht mehr als Kondensationskerne für die Feuchtigkeit fungieren können", sagt Herzner.

Wie Strohm gemeinsam mit Martin Kaltenpoth von der Uni Würzburg vor zwei Jahren herausgefunden hat, wird auch der Kokon, in dem sich die fette Larve in den Bienenjäger verwandelt, vor Schimmel geschützt. In diesem Fall setzen die Wespen auf die Unterstützung von Bakterien, die in ihren Fühlern leben.

Bevor die Mutter die Brutkammer verlässt, presst sie die Einzeller aus ihren Fühlern und schmiert sie an die Decke der Bruthöhle. Die Larve nimmt die Bakterien auf und webt sie in den Kokon ein.

"Wir wissen, dass die Bakterien irgendwie den Kokon schützen", sagt Strohm. Denn ohne Bakterien schimmelt der Kokon so schnell wie die Bienen ohne Spucke.

Die wahrscheinlichste Erklärung sind Antibiotika: "Die Bakterien gehören zur Gruppe der Streptomyceten, von denen ein Großteil der Antibiotika stammt, die in der Medizin eingesetzt werden", sagt Kaltenpoth.

Einige Antibiotika wirken auch gegen Pilze. Die keimtötenden Substanzen in solch geringen Mengen nachzuweisen, ist allerdings sehr schwierig. Martin Kaltenpoth hofft jetzt, in den Genen der Bakterien Hinweise auf die Antibiotikaproduktion zu finden.

Effektiv ist es auf jeden Fall, wie die Bienenwölfe ihre Brut schützen. Nur in vier von hundert untersuchten Kammern fanden Strohm und seine Kollegen einen grünen Schimmelflaum.

© SZ vom 23.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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