Verhaltensbiologie:Ich war's

Sich selbst als handelnde Individuen zu erkennen - das trauen wir nur uns selbst und vielleicht noch den Menschenaffen zu. Doch auch Rhesus-Affen sind offenbar in der Lage, die Konsequenzen eigenen Tuns zu erkennen.

Lennart Pyritz

Nicht nur Menschen und ihre nächsten Verwandten - die Menschenaffen - erkennen sich selbst als handelnde Individuen, auch Rhesus-Affen sind in der Lage, die Konsequenzen eigenen Tuns zu erkennen.

Verhaltensbiologie: Kognitionspsychologe Justin Couchman von der Universität Buffalo vermutet, "dass Affen, so wie Menschen, über ein Verständnis der eigenen Taturheberschaft verfügen".

Kognitionspsychologe Justin Couchman von der Universität Buffalo vermutet, "dass Affen, so wie Menschen, über ein Verständnis der eigenen Taturheberschaft verfügen".

(Foto: AP)

Der Kognitionspsychologe Justin Couchman von der Universität Buffalo wertet das Verhalten der Tiere als wichtigen Bestandteil von Selbstbewusstsein (Biology Letters, online).

In seinem Experiment ließ Couchman vierzig Studenten und vier männliche Rhesus-Affen mit Hilfe eines Joysticks einen Cursor über Computerbildschirme bewegen. Sie mussten ein Quadrat mit dem Symbol auf dem Monitor umkreisen. Gleichzeitig erstellte der Rechner eine weitere Cursorbahn, die jedoch spiegelbildlich zu der des jeweiligen Probanden verlief.

Sowohl die menschlichen Versuchsteilnehmer als auch die Rhesus-Affen waren anschließend in der Lage mit hoher Treffsicherheit den selbst gezogenen Cursorverlauf zu bestimmen. "Das weist darauf hin, dass Affen, so wie Menschen, über ein Verständnis der eigenen Taturheberschaft verfügen", sagt der Psychologe.

Verblüffend sind Couchmans Ergebnisse vor allem vor dem Hintergrund, dass Rhesus-Affen im klassischen Spiegeltest bislang stets versagt haben. Dabei wird untersucht, wie die Tiere reagieren, wenn sie im Spiegel einen auf ihre Stirn aufgemalten roten Farbfleck entdecken. Über lange Zeit wurde ihnen daher die Fähigkeit zur Eigenwahrnehmung abgesprochen.

Erste Hinweise auf die Existenz von Selbstbewusstsein bei Rhesus-Affen lieferte im vergangenen Jahr bereits ein Team um Luis Populin von der Universität von Wisconsin-Madison. Die Forscher zeigten, dass Rhesus-Affen, denen für andere Versuche Elektroden am Kopf befestigt worden waren, diese mit Hilfe eines Spiegels eingehend betrachteten.

Populin und seine Kollegen mutmaßten daher, dass erst die auffälligen Elektroden - im Gegensatz zu einem lediglich aufgemalten Punkt - die Tiere zur Eigenwahrnehmung im Spiegel animierten.

Die Fähigkeit zur Selbsterkennung scheint somit nicht auf Mensch und Menschenaffen beschränkt zu sein, sondern hat sich bereits früher im Stammbaum der Primaten entwickelt.

Darüber hinaus gibt es auch bei Delfinen und Elefanten Hinweise auf Selbstbewusstsein, das als eine entscheidende Voraussetzung zur Entwicklung von Mitgefühl und altruistischem Verhalten gilt - Eigenschaften, die lange als exklusiv menschliche Wesensmerkmale gehandelt wurden.

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