Verhaltensbiologie:Gene der Bauherren

Küstenmäuse leben in ausgeklügelten Bauten. Doch was treibt die Tiere zu solchen Anlagen? Zum Teil ihre Gene. So entscheiden etwa bestimmte Erbgutabschnitte über die Länge des Eingangstunnels.

Von Katrin Blawat

Die Küstenmaus hat sehr genaue Vorstellungen vom Wohnen. Ihre bevorzugte Region sind die Sanddünen im Südosten der USA, und dort legen die Nager viel Wert auf einen bestimmten Architekturstil.

Dazu gehört ein Eingangstunnel, der zum eigentlichen Nest hinführt, sowie ein sich daran anschließender Notausgang. Dieser zweite Tunnel führt in einem Bogen bis kurz unter die Erdoberfläche und soll wohl als Fluchtweg dienen, wenn Fressfeinde durch den Vordereingang ins Nest eingedrungen sind. Alles in allem kann so ein Küstenmaus-Refugium fast zwei Meter lang sein. Was treibt die Mäuse zu derart ausgeklügelten Bauten?

Zum Teil die Gene, wie Biologen um Jesse Weber vom Museum für vergleichende Zoologie in Cambridge (Massachusetts) nun im Fachmagazin Nature berichten (Bd. 493, S. 402, 2013). Das Team identifizierte drei Erbgutabschnitte auf jeweils verschiedenen Chromosomen, die mit über die Länge des Eingangstunnels entschieden. Allerdings betrage ihr Einfluss darauf zusammen nur etwa 15 Prozent, schreiben die Autoren.

Zuhause bei der Küstenmaus.

Zuhause bei der Küstenmaus.

(Foto: Vera Domingues/Hopi Hoekstra, Harvard University)

Vermutlich gebe es weitere, noch unbekannte genetische Faktoren, die ebenfalls die Tunnellänge mit beeinflussen. Auf einem weiteren Chromosom ermittelten die Forscher einen vierten Abschnitt, der entscheidend zum Bau des Fluchttunnels beiträgt. Fehlt dieses DNA-Stück im Erbgut, verzichtet die Küstenmaus auch auf ihren Notausgang.

Diese Erkenntnisse gewannen die Biologen auch durch Kreuzungsversuche mit Hirschmäusen. Sie sind eine Schwesterart der Küstenmaus, leben aber in kleineren Bauten ohne Notausgang. Die Forscher setzten sowohl Küsten- als auch Hirschmäuse im Labor in eine Sandkiste. Obwohl keines der Tiere Erfahrung im Bauen hatte, konstruierten sich alle sofort ihr jeweils arttypisches Heim.

Dieses konnten die Biologen später in Ruhe untersuchen, da sie die Höhlen mit Polyurethan ausgegossen hatten (siehe Video). Kreuzungen zwischen den beiden Spezies brachten in der ersten Generation Nachkommen hervor, die ganz im Stil der Küstenmäuse bauten, also inklusive Fluchttunnel. Dieses Bauverhalten scheint also genetisch dominant zu sein.

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