Verbreitung der Vogelgrippe:Flug H5N1

Die aktuelle Vogelgrippe-Welle verbreitet sich offensichtlich über ähnliche Stationen wie 2006. Darauf lässt zumindest das Auftreten des Viruses in der Türkei schließen.

Tina Baier

Trotz des Ausbruchs der Vogelgrippe in der Türkei sehen die deutschen Behörden zurzeit keinen Handlungsbedarf. In der südostanatolischen Provinz Batman sind seit Anfang der Woche 170 Hühner, Puten, Enten und Gänse verendet. Wissenschaftler des Referenzlabors der Europäischen Union in Weybridge bei London haben am Freitag bestätigt, dass die toten Tiere mit der hochpathogenen Variante des Virus H5N1 infiziert waren, die auch für den Menschen gefährlich ist. Vier Kinder aus der betroffenen Gegend, die plötzlich hohes Fieber bekommen haben, wurden vorsorglich ins Krankenhaus eingeliefert. Drei Dörfer stehen unter Quarantäne.

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(Foto: Foto: dpa)

"Die Gefährdung für die Menschen in Deutschland ist durch den Ausbruch in der Türkei nicht größer geworden", sagt Susanne Glasmacher vom Robert-Koch-Institut in Berlin. Das H5N1-Virus, das jüngst auch in Ungarn und Großbritannien nachgewiesen wurde, und das jetzt wahrscheinlich in der Türkei grassiert, ist das gleiche, das vergangenes Jahr in Europa aufgetreten ist. Nach wie vor handelt es sich um ein reines Geflügelvirus, das Menschen nur in Ausnahmesituationen befällt, etwa bei sehr engem Kontakt mit infizierten Tieren.

Ähnlichkeit zu 2005/2006

Allerdings ähnelt die derzeitige Situation der Lage im Winter 2005/2006, als die Vogelgrippe langsam aber sicher immer näher an Deutschland heranrückte. Auch damals brach die Seuche zunächst in der Türkei aus. Besonders alarmiert waren die Experten dann, als Fälle aus dem Ural gemeldet wurden. Denn aus dieser Gegend in Russland ziehen viele Vögel direkt nach Deutschland. Auch jetzt werden aus dieser Gegend Fälle von H5N1 sowohl bei Hausgeflügel als auch bei Wildvögeln gemeldet. Allerdings nicht ganz so häufig wie vor einem Jahr.

"Im Moment sehen wir keinen Anlass, die Vorschriften für Geflügelzüchter zu verschärfen", sagt Timm Harder, Leiter des Nationalen Referenzlabors für Aviäre Influenza auf der Insel Riems. Ohnehin muss Geflügel in Risikogebieten, etwa in der Nähe großer Gewässer oder in Regionen, in denen viel Geflügelzucht betrieben wird, im Stall gehalten werden. Welche Gegenden als Risikogebiet eingestuft werden, entscheiden die Länder. Eine Verschärfung dieser Vorschriften wäre nach Einschätzung von Harder nur notwendig, wenn das H5N1-Virus bei Wildvögeln gefunden würde. Das ist schon seit langem nicht mehr der Fall, obwohl jeden Monat deutschlandweit 1500 bis 2000 tote Wildvögel eingesammelt und untersucht werden.

Das letzte, nachweislich mit dem gefährlichen Erreger infizierte Tier war ein Schwan im Dresdner Zoo im August 2006. Dieser Fund macht den Wissenschaftlern immer noch Sorgen. "Die einzige Möglichkeit, wie sich der Schwan angesteckt haben könnte, ist, dass er Kontakt mit infizierten Wildvögeln hatte", sagt Harder. Zugvögel sind im August in Deutschland nicht unterwegs, also muss es sich um heimische Arten gehandelt haben. Das aber legt nahe, dass es in Deutschland immer noch Wildvögel geben könnte, die mit H5N1 infiziert sind. Sie zu finden, ist bei den Millionen Vögeln in Deutschland trotz des Überwachungsprogramms fast unmöglich.

Ziervögel unter Verdacht

Zugvögel sind aber nicht das einzige Transportmittel, mit dem das Vogelgrippevirus nach Deutschland kommen könnte. Ebenso wahrscheinlich ist, dass H5N1 durch illegalen Handel mit Ziervögeln aus Asien eingeschleppt wird oder durch den Import von Fleisch infizierter Tiere. Verseuchtes Truthahnfleisch aus Ungarn ist nach Einschätzung der britischen Regierung auch der wahrscheinlichste Grund für den Ausbruch der Seuche vorige Woche auf einer Putenfarm in Suffolk, wo 160 000 Tiere gekeult werden mussten. Die britischen Lebensmittelbehörden prüfen, ob infiziertes Fleisch in den Handel gelangt ist. Eine Sprecherin sagte, es werde derzeit jedoch kein Putenfleisch aus den Regalen der Supermärkte genommen.

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