UN-Klimaschutzkonferenz:"Ein Treffen im Auftrag der Menschheit"

In der kenianischen Hauptstadt Nairobi hat die zwölfte internationale Klimakonferenz begonnen. Etwa 6000 Politiker, Wissenschaftler und Umweltschützer aus rund 190 Staaten beraten, wie man den Klimawandel bremsen und seinen Folgen begegnen kann.

Auf der Tagung werden etwa 6000 Politiker, Wissenschaftler und Umweltschützer aus rund 190 Staaten bis zum 17. November über ein Kyoto-Folgeabkommen beraten.

"Wir sind hier heute Morgen im Auftrag der Menschheit zusammengekommen, weil wir erkennen müssen, dass der Klimawandel sehr schnell zu einer der größten Bedrohungen geworden ist, denen sich die Menschheit je stellen muss", erklärte der kenianische Vizepräsident Moody Awori zur Öffnung der Beratungen.

Das Ziel der Konferenz ist die Verlängerung des Kyoto-Protokolls zur Reduzierung der Treibhausgase über das Jahr 2012 hinaus.

In dem 1997 ausgehandelten Kyoto-Protokoll hatten sich die Industriestaaten zu einer Senkung ihrer Treibhausgase bis 2012 um fünf Prozent unter das Niveau von 1990 verpflichtet.

Allerdings boykottieren die USA als größte Verursacher von Treibhausgasen das im Februar vergangenen Jahres in Kraft getretene Protokoll. Und Kanada, wo das Eis der Arktis mit hohem Tempo schmilzt, hält keine der Vorgaben des Kyoto-Protokolls von 1997 ein. Die Regierung unter Premierminister Stephen Harper will erst bis zum Jahr 2050 den CO2-Ausstoß um 45 bis 65 Prozent senken.

"Gelegenheit für Fortschritte"

Die Bundesregierung will den Klimaschutz 2007 dagegen auch während der deutschen Doppelpräsidentschaft in der EU und der G-8 in den Mittelpunkt stellen.

Bei einem Treffen mit dem britischen Premierminister Tony Blair in London hat Kanzlerin Angela Merkel erklärt, beide Länder wollten bei der Entwicklung eines neuen Klimaschutzabkommens eng zusammenarbeiten.

Blair sagte, unter Merkels Führung gebe es eine "wirkliche Gelegenheit, im kommenden Jahr Fortschritte zu machen". Er sei zuversichtlich, dass auch die USA sich vermehrt im Kampf gegen den Ausstoß von Treibhausgasen engagierten.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel betonte, Deutschland werde den Kampf gegen den Klimawandel mit Milliarden-Investitionen vorantreiben.

Mit Blick auf den UN-Klimagipfel fordert Gabriel im Spiegel: "Wir müssen bis zum Jahr 2050 den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen gegenüber 1990 mindestens halbieren. Für uns Industrieländer bedeutet das eine Reduktion um 60 bis 80 Prozent. Das muss von der Staatengemeinschaft im Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll verbindlich festgeschrieben werden."

22 Milliarden für Deutschlands Klimaschutz

Mittelfristig müsse ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Klimaschutz ausgegeben werden, sagte der SPD-Politiker. "Das wären gut 22 Milliarden Euro. Nichts zu tun wird mindestens fünf Mal so teuer."

Gabriel sieht in Deutschland allerdings noch einen enormen Nachholbedarf in der öffentlichen Wahrnehmung des Problems: Viele betrachteten den Klimaschutz nach wie vor als Gutmenschendiskussion.

Auch der Chef des UN-Umweltprogramms, Achim Steiner, erwartet von der Bundesregierung, dass sie die Klimapolitik vor allem in Europa intensiv vorantreibt. "Denn wenn Europa nicht die bescheidenen Ziele erreicht, die 1997 in Kyoto festgelegt wurden, dann sendet das ein falsches Signal an die Entwicklungsländer", sagte Steiner der Berliner Zeitung.

Er erinnerte daran, dass es gelungen sei, die ozonschädlichen Flurchlorkohlenwasserstoffe innerhalb von 20 Jahren zu 90 Prozent aus der Welt zu schaffen. Das Bemühen um die Minimierung der Kohlendioxid-Emissionen sei alternativlos, betonte Steiner: Der CO2-Ausstoß zerstöre letztlich die Grundlagen für Leben auf der Erde.

Anpassungen an den Wandel notwendig

Zentrale Themen der Konferenz sollen neben der Fortsetzung des Kyoto-Protokolls die Folgen des Klimawandels für die Entwicklungsländer sein und wie diesen Staaten geholfen werden kann.

So ist eines der Hauptthemen in Nairobi die Anpassung an den Wandel. Es soll deshalb einen Anpassungs-Fonds mit bis zu 400 Millionen Dollar geben, mit dessen Unterstützung Entwicklungsländer etwa höhere Dämme gegen Fluten bauen sollen.

Bislang habe Afrika den geringsten Beitrag zu dem Problem geleistet, sei aber gleichzeitig auch am wenigsten auf die daraus resultierenden Konsequenzen vorbereitet und habe deshalb am meisten zu verlieren, sagte Steiner.

Laut einem neuen Bericht des UN-Klimasekretariats (UNFCCC) könnte der Wandel den Kontinent schwer treffen. Angesichts eines erwarteten Anstieges des Meeresspiegels seien rund 30 Prozent der afrikanischen Küsten bedroht.

Im Jahr 2025 könnten 480 Millionen Afrikaner zudem in Gebieten leben, in denen Wasser knapp ist. In 70 Jahren sagt der Bericht ein Absinken der Getreideerträge um bis zu fünf Prozent voraus. Das könne die Existenz von Millionen von Menschen auf dem ohnehin schon armen Kontinent bedrohen.

Der Chef des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer, erklärte, die zwölftägige Konferenz werde sich um einen verstärkten Transfer von Technologie und größere Finanzhilfen an Entwicklungsländer bemühen, damit diese für die Zukunft besser gerüstet seien. Bislang gehe dies nur an einige wenige Länder, wie beispielsweise China und Indien.

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