Umweltschutz:Rettet Europas Urwald

Lesezeit: 1 min

Mitten im Naturschutzgebiet des Białowieża-Waldes in Polen sollen Bäume gefällt werden. EU und UN wollen jetzt einschreiten.

Von Florian Hassel

Das Welterbekomitee der Vereinten Nationen (WHC) wird auf seiner laufenden Jahrestagung in Krakau voraussichtlich am Mittwoch die Voraussetzungen schaffen, um den polnischen Białowieża-Wald zum bedrohten Weltnaturerbe zu erklären. Białowieża ist der letzte große Urwald Europas, Rückzugsgebiet für europäische Wisente, Otter, Wölfe und Luchse, mehr als 120 Vogelarten, Tausende einzigartige Insekten und für jahrhundertealte Bäume. Menschliche Eingriffe sind verboten oder müssen zumindest vom Umweltkommissar der EU und vom WHC genehmigt werden.

Die EU-Kommission überlegt, Polen zu verklagen

Das hielt den polnischen Umweltminister Jan Szyszko, der enge Kontakte zur Holzindustrie haben soll, jedoch nicht davon ab, das Bäumefällen in Białowieża zu verdreifachen. Die EU-Kommission eröffnete deshalb im Juni 2016 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen. Am 27. April schickte sie der polnischen Regierung "eine letzte Warnung", das Fällen der Bäume, das zu diesem Zeitpunkt schon in vollem Gang war, und den "Bruch von EU-Recht" zu beenden. Nur so sei es möglich, "ernsthaften, irreparablen Schaden" für Białowieża zu verhindern. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung will die Kommission in diesen Tagen entscheiden, ob sie Polen vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt.

Das UN-Welterbekomitee WHC veröffentlichte seinerseits am 19. Mai einen kritischen Expertenbericht zu Białowieża, der die offiziellen Begründungen Warschaus für das Fällen der Bäume detailliert widerlegt. Die polnische Regierung hatte mit einem angeblichen Kampf gegen den Borkenkäfer, mit der Versorgung der lokalen Bevölkerung mit Feuerholz und dem Schutz vor Waldfeuern argumentiert. Von den mehr als 100 000 Bäumen, die gefällt werden sollen, sind nach Informationen von Umweltschützern die Hälfte kommerziell wertvoll.

Der Beschlussentwurf für die Krakauer WHC-Sitzung am Mittwoch sieht zum Thema Białowieża vor, Polen solle "nachdrücklich aufgefordert" werden, "unverzüglich alles Bäumefällen und Holzgewinnung in den alten Waldgebieten einzustellen" und eine Expertenkommission der Vereinten Nationen einzuladen. Deren Mitglieder sollen prüfen, ob die Vereinten Nationen den letzten Urwald Europas 2018 "auf die Liste des bedrohten Welterbes aufnehmen" sollen.

© SZ vom 05.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: