Umweltminister Röttgen zum Klimaschutz:"Eine Frage von Leben und Tod"

Bundesumweltminister Norbert Röttgen betrachtet die Ergebnisse des UN-Klimagipfels in Durban zwar als "Riesenerfolg" für die internationale Klimadiplomatie. Doch zugleich kritisiert er in seiner Regierungserklärung den weltweiten Klimaschutz mit deutlichen Worten.

Viel Zeit wollen sich die 194 Staaten, die an der Weltklimakonferenz in Durban teilgenommen haben, bei der Rettung des Klimas lassen. Bis 2015 soll ein Abkommen ausgehandelt werden, dem alle Staaten angehören sollen. Umgesetzt werden soll das dann ab 2020. Und die Länder, die das Kyoto-Protokoll verlängern wollen, sind lediglich für 15 Prozent des weltweiten Kohlendioxidausstoßes verantwortlich.

Bundestag

Bundesumweltminister Norbert Röttgen ruft dazu auf, den Kampf gegen die Erderwärmung und für eine Energiewende als wirtschaftliche Chance zu begreifen.

(Foto: dpa)

Damit hinke die Welt dem Problem der Erderwärmung hinterher, kritisierte Bundesumweltminister Norbert Röttgen in einer Regierungserklärung im Bundestag. Dabei sei der Klimawandel weltweit eine zentrale Quelle von Konflikten und eine "fundamentale Bedrohung" für immer mehr Menschen.

Insbesondere für die Bevölkerung von Inselstaaten und Wüstenregionen sei er sogar eine Frage von Leben und Tod. Und "wir tun immer noch zu wenig", erklärte Röttgen. "Es gibt immer noch eine erschreckende Lücke." Dabei sei es eine "Frage von humanitärer Solidarität", sich für die Betroffenen einzusetzen.

Immerhin sei das Ergebnis von Durban "eine fundamentale Neuordnung der internationalen Klimapolitik", da künftig alle Staaten an einem Weltklimaschutzabkommen teilnehmen würden. Sogar große Klimasünder wie die USA und China wollten nun verbindliche Ziele zur Minderung ihres Ausstoßes mittragen. "Das ist ein Riesenerfolg für die internationale Klimadiplomatie." Ermöglicht habe dieses wegweisende und substanzielle Ergebnis nur eine Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und bedrohten Inselstaaten.

Zwar sei die Verständigung auf eine neue Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls ab 2013 richtig gewesen. Auf Dauer müssten sich aber alle Staaten am Klimaschutz beteiligen. "Mit diesem Ordnungsrahmen, mit dieser Rechtsordnung aus einer vergangenen Zeit werden wir und würden wir das Problem nicht in den Griff kriegen", sagte der Minister.

Bis zur Erarbeitung des Abkommens 2015 muss laut Röttgen allerdings noch intensiv verhandelt werden. Deutschland, so versicherte der Umweltminister, werde jedoch mit dem Klimaschutz nicht warten, bis ein neues Abkommen in Kraft sei. "Verhandeln und handeln zugleich, das war immer die deutsche und die europäische Position", sagte der CDU-Politiker.

Der Umweltminister rief dazu auf, den Kampf gegen die Erderwärmung und für eine Energiewende als wirtschaftliche Chance zu begreifen. "Es geht um enorme wirtschaftliche Chancen - und man darf auch sagen, dass wir sie nutzen wollen." Industriepolitisch, innovationspolitisch und ökologisch sei das der Zukunftsweg.

Zweifel bei der Opposition

Deutschland werde deshalb seine Zusagen zur Klimafinanzierung einhalten, erklärte Röttgen. 2010 habe die Bundesrepublik insgesamt 1,2 Milliarden Euro für Klimaschutzprojekte ausgegeben, 2011 würden es voraussichtlich 1,8 Milliarden Euro sein. An "neuen und zusätzlichen Mitteln", wie es die Industriestaaten in Kopenhagen versprochen hatten, seien bislang knapp 800 Millionen Euro geflossen. "Wir erfüllen unsere Versprechungen, das gehört zum Selbstverständnis der Bundesregierung und Deutschlands", sagte der Minister.

Die Opposition zweifelte die vom Umweltminister vorgetragenen Zahlen allerdings an. Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Matthias Miersch, sprach von Verschiebebahnhöfen. Zugleich beklagte er, dass bislang kein einziger Dollar in den globalen Klimafonds geflossen sei. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte, den Fonds zügig mit Geld auszustatten anstatt mit Rechentricks zu arbeiten.

Scharf kritisierten Politiker aller Fraktionen den Ausstieg Kanadas aus dem Kyoto-Protokoll. Röttgen sprach von einem "inakzeptablen Verhalten". Linke-Chefin Gesine Lötzsch warf der Bundesregierung hingegen Gleichgültigkeit vor. Sie mahnte, es gehe um das Leben von Millionen von Menschen. Kanada hatte einen Tag nach der Konferenz von Durban bekanntgegeben, es wolle aus dem Kyoto-Protokoll aussteigen.

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