Quecksilber:Kreislauf des Gifts

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See-Elefanten auf den Thule-Inseln (Foto: KANUS, HUBERTUS)

Quecksilber aus dem Fell von Robben: Wie sich ein gefährliches Umweltgift schleichend in der Nahrungskette anreichert.

Von Christopher Schrader

Das gefährliche Umweltgift Methyl-Quecksilber reichert sich offenbar auf bisher unbekannten Wegen immer weiter in der Nahrungskette an. Wissenschaftler haben jetzt sogar einen Kreislauf entdeckt. Anfangs bilden Bakterien die Substanz aus anorganischem Quecksilber im Wasser. Mit jedem Schritt in der Nahrungskette von Plankton über Fische bis zu Robben kann sein Gehalt an der Körpermasse um einen Faktor zehn steigen. In der obersten Stufe der Nahrungskette angekommen, wird das Gift aber in konzentrierter Form wieder in tiefere Ebenen zurückgegeben, zeigen die Forscher um Jennifer Cossaboon von der University of California in Santa Cruz.

Das Team hat Wasserproben aus der Bucht vor einer Kolonie von See-Elefanten im Año-Nuevo-Park etwas südlich der Kleinstadt Santa Cruz ausgewertet. Dabei fiel den Forschern auf, dass die Mengen von Methyl-Quecksilber im Wasser deutlich zunahmen, wenn die Tiere im Mai ihren Pelz abwerfen, bevor sie für den Rest des Jahres ins Meer zurückkehren. Dann finden sich in jedem Liter Meerwasser im Mittel knapp ein Nanogramm des Giftstoffs. Im Februar, wenn die Weibchen ihre neugeborenen Jungen säugen, sind es im Mittel 0,13 Nanogramm, und an benachbarten Küstenabschnitten ohne Robbenkolonien 0,06 Nanogramm ( PNAS, online).

Offenbar gelangt zumindest ein Teil des aufgenommenen Methyl-Quecksilbers in die Haare der See-Elefanten. Verlieren sie dann ihren Pelz, gelangt es konzentriert in die Bucht vor ihrer Kolonie. Das Team schätzt, dass die 4000 erwachsenen Tiere und 1700 Jungen in Año Nuevo so jährlich 200 Gramm reines Methyl-Quecksilber ausscheiden. Für die gesamte Population an den Küsten Kaliforniens und Mexikos könnten es zehn Kilogramm sein.

Der Schadstoff wird dann etwa von Muscheln aufgenommen oder von Meerestieren, die in den Sedimenten der Bucht leben, und gelangt so wieder in die Nahrungskette. Methyl-Quecksilber ist neurotoxisch, es kann zu Lähmungen und Psychosen führen. Der Gehalt des Schadstoffs im Meerwasser hat sich in den vergangenen 100 Jahren verdoppelt. Quecksilber gelangt vor allem durch Kohlekraftwerke und Goldminen in die Umwelt.

Anmerkung: Dieser Artikel enthielt in einer früheren Fassung deutlich zu hohe Zahlenwerte für den Methylquecksilbergehalt des Meerwassers. Der Grund dafür war ein missverständlicher Gebrauch von Einheiten in dem zitierten Forschungsaufsatz.

© SZ vom 09.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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