Übergewicht:Apfel- oder Birnentyp?

Das Risiko durch Übergewicht hängt von der Fettverteilung ab.

Werner Bartens

Die Zahlen sind erschreckend: Nach jüngsten Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sind weltweit eine Milliarde Menschen übergewichtig. 300.000 Menschen gelten sogar als extrem übergewichtig.

Luka Meliksishvili (26 kg/15 Monate) und Georgiy Bibilauri (62 kg/5 Jahre)

Die vermutlich schwersten Kinder in ihrer Altersklasse: Luka Meliksishvili (26 kg/15 Monate) und Georgiy Bibilauri (62 kg/5 Jahre)

(Foto: Foto: AFP)

Mediziner bezeichnen die übergroße Leibesfülle als Adipositas und warnen eindringlich vor den Folgen der Völlerei für die Gesundheit. Doch dick ist nicht gleich dick, berichten Wissenschaftler auf einer internationalen Tagung in Berlin zum Thema Übergewicht und Bluthochdruck, die noch bis Sonntag dauert.

"Wie groß die Risiken für Herz und Kreislauf für adipöse Menschen sind, ist stark davon abhängig, wo sich die überflüssigen Fettreserven angesammelt haben", sagt Friedrich Luft, Chefarzt an der Berliner Charité und Mitveranstalter der Tagung.

Relativ ungefährliche Birnenform

Entscheidend ist demnach nicht, ob es sich um Frust- oder Lustspeck handelt. Gefährlich sind vielmehr besonders die Polster um Bauch und Taille. Tief liegender Hüftspeck sowie Depots an Po, Schenkeln oder Oberkörper mögen zwar nicht schön anzuschauen sein.

Schädlich für die Gesundheit sind sie aber kaum. "Man muss die Apfel- und die Birnenform unterscheiden", sagt Luft. Oder auch den Phänotyp Bierbauch, der bei Männern häufiger ist, vom eher weiblichen Rubens-Typ.

Diese unterschiedlichen Muster der Fettverteilung beeinflussen nämlich nicht nur die Silhouette des Körpers. "Die Apfelform geht mit Fett im Bauch und um die inneren Organe einher", sagt Luft. "Das so genannte subkutane Fett, das sich direkt unter der Haut ansammelt und zumeist zur Birnenform führt, erhöht hingegen das Herzkreislauf-Risiko kaum."

Apfel- oder Birnentyp?

Warum intraabdominelle Fettansammlungen, wie die Polster im Bauch auch genannt werden, so gefährlich sind, erklärt Martin Reincke, Chefarzt der Inneren Medizin am Universitätsklinikum Innenstadt in München: "Dieses Fett ist sehr stoffwechselaktiv, das heißt, es wird schnell mobilisiert und erhöht so das Risiko für viele Krankheiten."

Erhöhter Blutdruck, Neigung zur Zuckerkrankheit und Herzkreislauferkrankungen sind häufig Folge übermäßiger Korpulenz. Diese vier Symptome werden von Medizinern als "Metabolisches Syndrom" oder auch als "tödliches Quartett" bezeichnet.

Kosmetische Eingriffe bringen kaum Abhilfe

Dabei kann es ganz einfach sein zu erkennen, wann es buchstäblich Zeit zum Maßhalten ist: "Öfter mal das Maßband anlegen", empfiehlt Martin Reincke. Denn überschreitet der Taillenumfang bei Männern 102 Zentimeter und bei Frauen 88 Zentimeter, deuten alle Anzeichen auf ein sich entwickelndes Metabolisches Syndrom hin.

Kosmetische Eingriffe bringen kaum Abhilfe, man muss schon richtig abnehmen. Wenn Schönheitschirurgen beim Fettabsaugen nur das oberflächliche Fett entfernen und so den Bauch um ein paar Schichten abtragen, sinkt das Risiko für erhöhten Blutdruck, Diabetes und verschiedene Herzerkrankungen jedenfalls nicht.

Ein Trost bleibt immerhin denjenigen, die sich schon bei kleinen Pölsterchen und Rettungsringen Sorgen um ihre Gesundheit machen und die nächste Diät erwägen: Die höchste Lebenserwartung haben nicht die Menschen, die sich mühsam ihr Idealgewicht erhungern. Am ältesten werden vielmehr jene, deren Waage ungefähr Normalgewicht anzeigt.

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