Trinkwasserversorgung in Namibia:Riesiger See unter der Wüste entdeckt

Im Norden Namibias sind viele Menschen von Trinkwasser aus dem Nachbarland Angola abhängig. Ausgerechnet in dem extrem trockenen Gebiet haben deutsche Experten ein gigantisches unterirdisches Wasserreservoir entdeckt.

Wasser ist in Namibia ein kostbares Gut, vor allem für die uralten Nomadenvölker. Schließlich besteht das Land im Südwesten Afrikas zum großen Teil aus Wüste und Halbwüste. Die Versorgungsprobleme könnten aber bald der Vergangenheit angehören: Deutsche Hydrogeologen sind ausgerechnet im Cuvelai-Etosha-Becken im trockenen Norden Namibias auf ein riesiges Grundwasservorkommen gestoßen, das der ehemaligen deutschen Kolonie Trinkwasser für die nächsten vier Jahrhunderte sichern könnte.

Wasser unter Namibias Wüste entdeckt

Namibia besteht zu großen Teilen aus Wüste. Die Trinkwasserversorgung ist gerade im Cuvelai-Etosha-Becken in Norden des Landes ein Problem. Dort sind deutsche Hydrogeologen auf ein riesiges Grundwasservorkommen gestoßen.

(Foto: dpa)

Das fünf Milliarden Kubikmeter große Süßwasserreservoir an der Grenze zu Angola sei in einer Tiefe von mehr als 200 Metern entdeckt worden, sagte der Projektleiter der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Martin Quinger, bei einem Vortrag bei der Wissenschaftlichen Gesellschaft Namibias. "Allein die gespeicherte Menge entspricht nach sehr vorsichtigen Berechnungen dem Verbrauch der dicht besiedelten nördlichen Region von mehr als 400 Jahren", erklärte Quinger. Es seien jedoch weitere Untersuchungen notwendig, um die Neubildungsrate zu bestimmen.

Die Entdeckung wurde in Zusammenarbeit mit dem namibischen Ministerium für Landwirtschaft, Wasser und Forstwirtschaft gemacht. Ziel der Experten ist es, Zugang zu sauberem Trinkwasser für den Norden des Landes zu sichern, in dem rund 60 Prozent der zwei Millionen Einwohner leben. Die Region ist der Bundesanstalt zufolge durch hohes Bevölkerungswachstum und stark steigendes Wirtschaftswachstum geprägt.

Zurzeit werden viele Siedlungen über Kanäle und Pipelines aus dem Kunene-Fluss an der namibisch-angolanischen Grenze und dem Calueque-Stausee in Angola versorgt. Die Bevölkerung ist deshalb stark von den wirtschaftlichen und politischen Bedingungen in Angola abhängig. Darüber hinaus erreicht das Wasser nicht alle Bereiche im Cuvelai-Etosha-Becken, sodass viele Menschen auf das Grundwasser angewiesen sind. Dieses weist jedoch teilweise problematisch hohe Salz- und Fluoridgehalte auf.

Das schätzungsweise über 10.000 Jahre alte Grundwasservorkommen, das nun entdeckt wurde, soll dagegen von bester Qualität sein und vermutlich aus höher gelegenen Teilen des benachbarten Angola stammen. Es liegt unter einer 100 Meter mächtigen Sperrschicht. "Diese Schicht muss durchbrochen werden, um das Grundwasser zu fördern", erklärte der Experte. Das unter Druck stehende Wasser steige dann bis etwa 20 Meter unter der Oberfläche auf, was die Förderkosten sehr niedrig halte.

Laut Quinger ist diese Art von tief zirkulierenden Grundwassersystemen zudem resistent gegenüber Klimaereignissen, so dass selbst mehrere Trockenjahre in Folge keinen Einfluss auf die Versorgung aus dem unterirdischen Reservoir hätten.

Hilfe für die Himba

Für die namibische Regierung bedeutet der Fund viel mehr als nur sauberes Trinkwasser für die Bevölkerung: Neben der weit verbreiteten Viehwirtschaft könnte in Zukunft auch in sehr viel größerem Maße Ackerbau betrieben werden - was wiederum das Ziel der Selbstversorgung voran treiben würde. Zudem könnte die Landflucht eingedämmt werden, die vor allem der Hauptstadt Windhuk Probleme und Schulden bereitet.

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Die Angehörigen des Nomadenvolkes der Himba haben bereits an die Vereinten Nationen appelliert, die Pläne für  einen riesigen Damm zu stoppen, der den Kunene stauen soll. Sie fürchten, dass ihre Vorfahren wütend reagieren könnten, wenn ihre Gräber überflutet werden.

(Foto: AFP)

Auch dem Nomadenvolk der Himba in der nordwestlichen Kunen-Region eröffnet der Fund neue Perspektiven. Die Wasserversorgung der Menschen und ihrer Rinderherden ist für das Volk seit jeher während der Trockenzeiten ein großes Problem. Zudem leiden die Himba derzeit unter einer schweren Dürre.

Sie hoffen, dass nun der umstrittene Bau eines Staudamms bei den Epupa-Wasserfällen aufgegeben wird. Das Projekt wird bereits seit den 1970er Jahren diskutiert. Der Damm würde die Weidegebiete des Volkes unter Wasser setzen und ihre Ahnengräber fluten und zerstören. Diese spielen in der Religion und bei rituellen Handlungen dieses einzigartigen Stammes aber eine zentrale Rolle, weshalb sich die Menschen seit Jahrzehnten gegen den Bau wehren.

Das Bundesamt ist seit einigen Jahren im Rahmen des Forschungsprojekts "Kalahari Sedimente" im Norden Namibias engagiert. Die Experten suchen mit Hilfe von Bohrungen nach Grundwasser. Mit Erfolg, wie die aktuelle Entdeckung belegt.

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