Transplantationen in Deutschland:Bereitschaft zur Organspende ist gering

Nach der Lebendspende einer Niere durch den SPD-Politiker Steinmeier schien es, als sei die Bereitschaft der Deutschen zur Organspende gestiegen. Ein Irrtum. Hinzu kommt ein weiteres Problem: Patientenverfügungen verhindern Transplantationen häufig.

Als der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier 2010 seiner Ehefrau eine Niere spendete, schienen viele Deutsche plötzlich bereit zu sein, ebenfalls Organe zu spenden - wenn schon nicht im Leben, so doch nach dem Tode. Doch die Hoffnung, dass die Zahl der Spender tatsächlich nachhaltig steigen würde, hat sich nicht bestätigt.

Organspender-Ausweis

Die Zahl der Organspender war 2010 gestiegen, 2011 ist sie wieder zurückgegangen.

(Foto: dpa)

2011 haben lediglich etwa 1200 Menschen Organe gespendet - fast hundert weniger als 2010. Der Rückgang beträgt mehr als sieben Prozent, wie die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) in Frankfurt am Main mitteilte.

Die Zahl der Spender schwankt seit Jahren um etwa hundert. 2007 hatte die DSO 1313 Spender gezählt, in den beiden Folgejahren waren es 1198 und 1217. 2010 war es zu einem Anstieg auf 1296 Spender gekommen - ein Trend ist jedoch nicht daraus geworden, wie die neuen Zahlen belegen.

Wie in den Jahren zuvor reichen die gespendeten Organe bei weitem nicht aus: Bundesweit warten der DSO zufolge noch rund 12.000 Patienten auf ein lebensrettendes Organ. Täglich sterben durchschnittlich drei der Wartenden, die man bei einer höheren Spendebereitschaft hätte retten können.

"Wir nehmen den Rückgang der Organspende sehr ernst und arbeiten mit den Kolleginnen und Kollegen in den Kliniken unermüdlich an Möglichkeiten und Wegen, um mehr Menschen mit einer Transplantation zu helfen", sagte der Medizinische Vorstand der DSO, Günter Kirste.

Mangelnde Aufklärung

Ein Grund für den Rückgang der Organspende in 2011 könnte nach Einschätzung der DSO in der Zunahme von Patientenverfügungen liegen. Denn in solchen Patientenverfügungen ist oft festgelegt, dass die medizinische Versorgung im Falle einer schweren Erkrankung schrittweise eingestellt werden soll. Dadurch werden potenzielle Spenderorgane meistens unbrauchbar.

Eugen Brysch von der Patientenschutzorganisation Deutschen Hospiz Stiftung widersprach dieser Darstellung allerdings. Der tatsächlich häufig bestehende Widerspruch zwischen Organspendebereitschaft und einer Patientenverfügung sei nur ein Teil der Wahrheit. Es fehle viel eher an Aufklärung. Weder im Bereich der Patientenverfügung noch der Organspende sei eine Beratung gesetzlich vorgeschrieben. "Hier besteht Nachbesserungsbedarf."

Das soll nun besser werden: Alle Bundestagsfraktionen sind sich einig, dass noch in diesem Jahr ein neues Transplantationsgesetz verabschiedet werden soll, um die Spendenbereitschaft zu erhöhen. Bürger sollen dann regelmäßig und mit einer höheren Verbindlichkeit gefragt werden, ob sie zu einer Spende bereit wären. Mit der Frage sollen sie zum Beispiel bei der Ausgabe der Versichertenkarte konfrontiert werden.

Bereits im Juni 2010 war ein Gesetzesenwurf verabschiedet worden, der die Krankenhäuser dazu verpflichtet, Organspender zu melden und aktiv an der Organspende mitzuwirken. Da die Organentnahme jedoch teuer und aufwendig ist, kommen dem Gesetz bisher nur ungefähr 40 Prozent der Krankenhäuser nach.

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