Synlight-Anlage:Forscher aktivieren künstliche Supersonne

Synlight-Anlage: 149 Xenon-Strahler von je einem Meter Durchmesser leuchten im Inneren der "Synlight"-Versuchsanlage

149 Xenon-Strahler von je einem Meter Durchmesser leuchten im Inneren der "Synlight"-Versuchsanlage

(Foto: Markus Hauschild, BFF, Hafenweg)
  • Diesen Donnerstag geht in einem Versuchszentrum bei Aachen die künstliche Sonne "Synlight" in Betrieb.
  • Im Inneren der Anlage leuchten 149 Xenon-Strahler mindestens 10 000 Mal so stark wie die natürliche Sonnenstrahlung auf der Erde.
  • Mit Hilfe des Lichts wollen die Forscher Wasserstoff gewinnen. Ziel ist die Erzeugung von umweltfreundlichem Treibstoff, beispielsweise für Flugzeuge.

Die künstliche Sonne scheint nicht vom Himmel, sondern in einem Gebäude. "Synlight" heißt der Sonnensimulator, den Forscher des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) in Jülich bei Aachen gebaut haben. Gebündelt auf einen kleinen Fleck ist die Lichtintensität in der Versuchskammer 10 000 mal so hoch wie die natürliche Sonnenstrahlung auf der Erde. Selbst die indirekte Strahlung von den Wänden ist so stark, dass der Mensch sie nur etwa eine Sekunde lang aushalten könnte. Diesen Donnerstag geht die strombetriebene Hochleistungssonne in Betrieb.

Wissenschaftler des DLR-Instituts für Solarforschung wollen mit "Synlight" Produktionsverfahren für Kraftstoffe aus regenerativen Energien entwickeln. Es geht um Treibstoffe der Zukunft, vor allem für große Flugzeuge. "Bei den Autos glauben wir, dass Elektromobilität eine super Sache ist. Für große Flugzeuge ist es im Augenblick nicht vorstellbar, dass man sie elektrisch antreibt, also mit Batterien ausstattet", sagt DLR-Projektleiter Kai Wieghardt.

Ziel ist die klimaneutrale Treibstoff-Produktion

Der Weg zu umweltfreundlichen Kraftstoffen führt daher über die Erzeugung von Wasserstoff. Im Inneren von Synlight leuchten 149 Xenon-Lampen von je einem Meter Durchmesser. Damit erhitzen die Ingenieure Metall auf 800 Grad Celsius und umnebeln es zugleich mit Wasserdampf. In einem Wassermolekül ist Wasserstoff an ein Sauerstoffatom gebunden. Bei der großen Hitze reagiert das Metall mit dem Sauerstoff, der Wasserstoff bleibt übrig. Wenn die Temperatur anschließend noch einmal erhöht wird, löst sich auch der Sauerstoff wieder vom Metall, der Prozess kann damit erneut ablaufen. Wenn der Wasserstoff schließlich mit Kohlendioxid reagiert, entsteht klimaneutraler Flüssigtreibstoff, weil keine zusätzlichen fossilen Rohstoffe aus dem Boden geholt werden.

"Wir möchten die Sonne nutzen, um diese Brennstoffe nicht mehr auf Basis von Erdöl, sondern regenerativ zu erzeugen", sagt Wieghardt. "Das ist unser großes Ziel." Mit den Laborversuchen möchten die Wissenschaftler die umweltfreundliche Treibstoffproduktion so effizient wie möglich machen. Das ist entscheidend, damit das Verfahren konkurrenzfähig wird. So müssen die Forscher etwa ermitteln, welches Metall sich besonders gut für die Wasserstoff-Abspaltung eignet. Im Verdacht haben die Ingenieure etwa Zink oder das Element Cer, das zu den seltenen Erden zählt.

Synlight-Anlage: Von außen sieht die Synlight-Halle unspektakulär aus

Von außen sieht die Synlight-Halle unspektakulär aus

(Foto: DLR Fotomedien; DLR/Hauschild (CC-BY 3.0))

Auf die Ergebnisse dieser Grundlagenforschung könnten anschließend große Solarkraftwerke zurückgreifen. Nahe dem marokkanischen Ort Ouarzazate entsteht derzeit etwa ein Solarfeld, das ähnlich hohe Temperaturen wie Synlight erzeugen kann - allerdings mit natürlichem Sonnenlicht und der Hilfe Tausender Spiegel. Solche Anlagen könnten künftig nicht nur Strom, sondern auch Treibstoff gewinnen.

Temperaturen von bis zu 3000 Grad

Wegen der Wolken und der Luftzirkulation unter freiem Himmel haben Forscher in der Natur jedoch nie gleiche Strahlungsverhältnisse, wie sie für reproduzierbare Versuche nötig sind. Und bisherige Laboranlagen sind zu klein für die Praxis. Daher ist der Sonnensimulator in Jülich so wichtig für den Fortschritt bei regenerativen Treibstoffen.

Die Lampen im Inneren von Synlight sind eigentlich in Großprojektoren von Kinosälen im Einsatz. Die DLR-Ingenieure verwenden die Strahler, weil sie günstig, aber auch sehr leistungsstark Licht erzeugen. Projektleiter Wieghardt hofft auf Temperaturen von bis zu 3000 Grad Celsius im Inneren der Anlage.

Mit der hohen Lichtintensität können die Forscher noch weit mehr anstellen als Wasserstoff zu erzeugen. Etwa können Materialwissenschaftler neue Bauteile der starken UV-Strahlung aussetzen, um Alterungsprozesse zu simulieren, beispielsweise für Werkstücke aus der Raumfahrt.

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