Supervulkan bei Mailand:Die Unterwelt steht kopf

Früher schleuderte er 100 Meter große Gesteinsblöcke in die Luft: Geologen haben nördlich von Mailand das Innere eines einstigen Supervulkans entdeckt.

Ute Kehse

Nordwestlich von Mailand steht die Unterwelt kopf. Geologen haben dort im Valsesia das Innere eines früheren Supervulkans entdeckt. Durch die Faltung der Alpen liegen nun die Magmakammern und das Leitungssystem des einstigen Feuerberges frei. Geologen um James Quick von der Southern Methodist University in Dallas erkannten das als einmalige Gelegenheit, die Anatomie eines Supervulkans von den Wurzeln bis zum Krater zu untersuchen.

Ausbrüche von Supervulkanen zählen zu den gewaltigsten Naturkatastrophen der Erde. Die Eruptionen schleudern manchmal Tausende Kubikkilometer Asche, Gestein und Magma in die Luft, so auch beim letzten Ausbruch der Yellowstone-Caldera vor 630.000 Jahren. Die Eruption eines Supervulkans kann mit ihrem Ascheregen ganze Kontinente verwüsten und das Weltklima für Jahre empfindlich abkühlen. Nach einem solchen Ausbruch stürzt die entleerte Magmakammer ein und hinterlässt auf der Erdoberfläche einen kesselförmigen Krater mit einem Durchmesser von zehn bis 50 Kilometern, die sogenannte Caldera.

Der Supervulkan in den italienischen Alpen war vor etwa 288 Millionen Jahren aktiv, berichtete James Quick auf der Tagung der Geological Society of America in Portland. Zusammen mit italienischen Kollegen bestimmte der Geologe das Alter von Körnern des Minerals Zirkon. So wiesen sie nach, dass die unterschiedlichen Gesteinsformationen rund um das Sesia-Tal etwa gleichzeitig entstanden sind: Der Querschnitt durch einen Vulkan von der Oberfläche bis in die untere Erdkruste in mehr als 25 Kilometern Tiefe war hier zutage getreten.

Bislang konnten Geowissenschaftler die tieferen Schichten solcher Supervulkane nur mit indirekten Methoden erforschen. "Jetzt sehen wir das magmatische Leitungssystem zum ersten Mal über den gesamten Weg durch die Erdkruste", sagt Quick.

Das Herz des Supervulkans befand sich tief in der Erdkruste. Vor etwa 320 Millionen Jahren drang flüssige Basaltschmelze aus dem Erdmantel in die untere Kruste in 15 bis 20 Kilometer Tiefe ein. Eine acht Kilometer dicke Magmakammer entstand, die Hitze verflüssigte das darüberliegende Gestein. Vor 288 Millionen Jahren entlud sich die aufgestaute Energie in einer gigantischen Eruption, die bis zu 100 Meter große Gesteinsblöcke in die Luft schleuderte. Die Magmablase unter dem Vulkan blieb noch mehrere Millionen Jahre lang flüssig, auch als das Gestein darunter längst erstarrt war.

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