Studie zu Hausgeburten:Klinikgeburt senkt das Todesrisiko

Eine Studie aus China zeigt: Frauen, die zu Hause entbinden, gehen ein etwas größeres Risiko für den Nachwuchs ein als Schwangere, die in die Klinik gehen. Westliche Studien weisen ebenfalls auf einen solchen Zusammenhang hin.

Christina Berndt

Kaum etwas ist so starker Ideologie unterworfen wie die Themen rund um Baby und Geburt. Die einen meinen, im Geburtsvorbereitungskurs gebe es nur eines zu lernen: rechtzeitig im Kreißsaal "Ich will eine PDA" zu rufen - eine Betäubung des Wehenschmerzes also; die anderen wünschen sich nichts sehnlicher als zu lernen, wie sie die Schmerzen am besten ertragen, weil sie ihr Kind in möglichst romantischer Atmosphäre zu Hause bekommen möchten.

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In China nimmt die Zahl der Hausgburten ab - und zugleich sterben weniger Babys bei der Entbindung. 

(Foto: Getty Images)

Die Romantik aber findet dort mitunter jäh ein Ende - wenn Komplikationen auftreten. Die Gefahr für das Kind sei bei Hausgeburten erhöht, geben Kritiker immer wieder zu bedenken. Ihnen liefert eine Studie aus China neue Argumente.

Seit dem Jahr 2000 werden Mütter dort aufgefordert, in der Klinik zu entbinden. Der Anteil der Hausgeburten ist seither gefallen - und zugleich starben erheblich weniger Babys, berichten britische und chinesische Forscher (Lancet, online).

Nun sind chinesische Verhältnisse nicht direkt auf hiesige zu übertragen. Gleichwohl betonen die Autoren, dass ihre Ergebnisse nicht nur in armen Gegenden gelten, sondern auch in den reichen Städten, wo Geburten unter hoher Expertise stattfinden und die Neugeborenensterblichkeit westliches Niveau hat.

So stieg der Anteil der Klinikgeburten in den Städten zwischen 1996 und 2008 von etwa 85 auf fast 100 Prozent; parallel dazu sank die Neugeborenensterblichkeit von einem auf ein halbes Prozent.

In jüngerer Zeit wiesen auch westliche Studien auf ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko für Babys hin, die zu Hause zur Welt kommen. So ergab eine Metaanalyse im Jahr 2010 ein etwa dreifaches Todesrisiko (American Journal of Obstretics and Gynecology, Bd. 203, S. 2413.e1, 2010).

Dieses Ergebnis sei umso beunruhigender, folgerten die US-Autoren, als Hausgeburten üblicherweise nur nach komplikationslosen Schwangerschaften stattfänden.

Allerdings stellten andere Experten das Risiko infrage, weil nicht alle Studien zwischen geplanten und ungewollten Hausgeburten unterschieden hatten. Letztere sind von Natur aus riskanter.

Eine Studie aus den Niederlanden kam vergangenes Jahr zu dem Schluss, dass eine Geburt, die ausschließlich von Hebammen begleitet wird, das Todesrisiko um den Faktor 2,3 erhöht (BMJ, Bd. 341, S. c5639, 2010). Die Niederlande, wo jedes dritte Baby zu Hause zur Welt kommt, haben eine der höchsten Säuglingssterblichkeiten in Westeuropa.

Dass Hausgeburten nicht zu verantworten seien, weisen jedoch nicht nur Hebammen zurück. Das Todesrisiko für das Kind bleibe "sehr klein", betont die Bioethikerin Elseleijn Kingma von der Uni Eindhoven. Etwa eines von 1333 Kindern komme zu Tode, weil nicht schnell genug Geburtshelfer und Notfallausrüstung verfügbar sind.

Nach einer komplikationslosen Schwangerschaft mache die Klinik "ein schon sehr sicheres Ereignis für das Kind eben noch ein bisschen sicherer". Mütter könnten sich aber auch guten Gewissens gegen dieses Mehr an Sicherheit und für eine romantische Geburt entscheiden.

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