Studie zu häuslicher Gewalt:Faustschläge nach dem Fußball

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Klare Ergebnisse im Fußball steigern die Fälle von häuslicher Gewalt. Das hat ein britischer Wissenschaftler herausgefunden, der den Zusammenhang von Polizeistatistiken und Spielen der englischen Nationalmannschaft untersucht hat. Der Forscher machte dabei eine überraschende Entdeckung.

Sebastian Herrmann

Fußball produziert klare Ergebnisse. Etwa am 27. Juni 2010 im Stadion vom Bloemfontein. An diesem Tag traf die deutsche Fußballnationalmannschaft im Achtelfinale der Fußball WM in Südafrika auf das Team aus England. Mit 4:1 gewann die deutsche Mannschaft das Duell und brachte England die höchste Niederlage bei einer WM ein. Noch klarer wird ein Ergebnis bei einer Meisterschaft selten.

Statistiker um Allan Brimicombe von der University of East London präsentieren nun in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Significance (online) ein weiteres deutliches Ergebnis - das allerdings auch sehr viel tragischer ist. Im Zuge der Niederlage der englischen Nationalmannschaft gegen Deutschland stieg die Rate häuslicher Gewalt in England unmittelbar um 31,5 Prozent im Vergleich zum gleichen Tag im Vorjahr an.

Der gewalttätige Ausschlag in den Polizeistatistiken war kein Einzelfall. Brimicombe wertet die Berichte von 33 der 39 Polizeidistrikte Englands für die Tage aus, an denen die englische Nationalmannschaft bei der WM in Südafrika ein Spiel hatte. Die Daten verglich er mit den Statistiken des Jahres zuvor. Dabei entdeckte er ein eindeutiges Muster: Immer wenn die englische Mannschaft ihr Spiel gewann oder verlor, gingen bei der Polizei mehr Notrufe wegen häuslicher Gewalt ein.

Als England mit 1:0 gegen Slowenien gewann, verzeichnete die Polizei 27,7 Prozent mehr Fälle von häuslicher Gewalt, kaum weniger als nach der Niederlage gegen Deutschland. Produzierte die englische Mannschaft hingegen kein eindeutiges Ergebnis und spielte nur unentschieden, verzeichnete die Polizei keinen Ansteig der Einsätze wegen Gewaltdelikten in Haushalten. Bei 1:1 gegen die USA waren es 1,9 Prozent weniger als am gleichen Tag im Jahr zuvor. Beim 0:0 gegen Algerien waren es 0,1 Prozent mehr.

Wenn eine Partie keinen Sieger und Verlierer hat, seien weniger Emotionen im Spiel, so die Forscher. Ein klares Ergebnis putsche Menschen hingegen auf, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch noch alkoholisiert seien - eine unselige Mixtur, wie die deutlichen Daten zeigten, sagt Brimicombe.

In Großbritannien seien 30 Prozent der Frauen und 17 Prozent der Männer wenigstens einmal in ihrem Leben Opfer häuslicher Gewalt, schreibt der Wissenschaftler. Und während großer Sportereignisse, wie einer Fußball WM, sei das Risiko besonders hoch.

© SZ vom 13.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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