Stockholm:Jury vergibt Nobelpreis an toten Wissenschaftler

Peinliche Panne in Stockholm: Ein dreiköpfiges Forscherteam erhält den Nobelpreis für Medizin. Allerdings ist einer von ihnen, der Kanadier Ralph Steinman, bereits vor drei Tagen gestorben - und die Regularien untersagen es, die Auszeichnung posthum zu verleihen. Das Nobelpreis-Komitee sagt, es sei über Steinmans Tod nicht informiert gewesen.

Der am Montag mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnete Forscher Ralph Steinman ist tot. Der Kanadier sei am 30. September, also drei Tage vor seiner Auszeichnung, gestorben, teilte die Rockefeller University mit. Bei Steinman sei vor vier Jahren Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert worden. Sein Leben habe er mit einer selbstentwickelten Immuntherapie verlängern können, die auf den von ihm entdeckten dendritischen Zellen basiert.

Ralph M. Steinman, Nobel Prize winner 2011

Ralph M. Steinman, bereits verstorbener Nobelpreis-Gewinner des Jahres 2011.

(Foto: dpa)

Zuvor hatte das Nobelpreiskomitee Steinman sowie die beiden Forscher Bruce Beutler und Jules Hoffmann für ihre Forschungen zur menschlichen Immunabwehr geehrt. Ein Mitglied des Nobelpreiskomitees, Goran Hansson, sagte, das Komitee habe nicht gewusst, dass Steinman tot sei, als sie ihn als einen der Preisträger auswählten. Eine Sprecherin der Nobel-Jury des Karolinska-Instituts kündigte eine Stellungnahme an.

Normalerweise geht der Nobelpreis nur an lebende Personen. Auch eine posthume Ehrung ist eigentlich ausgeschlossen. Prominentestes Beispiel ist der indische Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi. Er hätte möglicherweise 1948 den Preis erhalten können. Allerdings wurde er kurz zuvor ermordet. 1974 wurden die Statuten so geändert, dass eine Person lediglich dann posthum geehrt werden kann, wenn sie nach der Bekanntgabe im Oktober gestorben ist.

Unter Paragraf 4 ist in den Statuten zu lesen: "Die Arbeit einer Person, die bereits gestorben ist, soll nicht für eine Auszeichnung berücksichtigt werden. Wenn der Preisträger vor der Übergabe [am 10. Dezember, dem Todestag von Alfred Nobel] gestorben ist, darf der Preis übergeben werden (etwa an die Nachkommen)." Hält sich die Nobel-Jury daran, kann der am 30. September verstorbene Steinman kein Nobelpreisträger werden.

Der Nobelpreis für Mediziner ist mit umgerechnet 1,1 Millionen Euro (10 Millionen Schwedischen Kronen) dotiert. Steinman sollte den Preis für die Entdeckung der dendritischen Zellen erhalten, die das Immunsystem aktivieren. Der 68-Jährige warfür die Rockefeller-Universität in New York tätig und leitete deren Zentrum für Immunologie und Immunkrankheiten.

Durch die Forschungen der drei Wissenschaftler sei das Rätsel gelüftet worden, wie die beiden Phasen der menschlichen Immunabwehr - die angeborene und die spezifische Immunabwehr - aktiviert werden und miteinander kommunizieren, hieß es in der Begründung der Nobel-Jury. "Die diesjährigen Nobelpreisträger haben unser Verständnis des Immunsystems revolutioniert, indem sie zentrale Prinzipien seiner Aktivierung entdeckt haben." Ihre Arbeit habe die Entwicklung besserer Impfstoffe bei Infektionen und Fortschritte im Kampf gegen den Krebs ermöglicht.

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