Sternenhimmel im Mai:Frostige Zukunft

Derzeit sind ungewöhnlich wenig Sonnenflecken zu beobachten. Kündigt sich in Mitteleuropa eine neue kleine Eiszeit an?

Helmut Hornung

Die Sonne ist der Stern, von dem wir leben. Seit Jahrmilliarden liefert er Licht und Wärme, ohne die kein noch so kleines Wesen existieren könnte. Im 19. Jahrhundert glaubten die Forscher, dass das allmähliche Schrumpfen der Sonne diese ungeheure Energie freisetzt.

Sternenhimmel

Der Sternenhimmel Anfang Mai: 0.30 Uhr, Ende Mai: 22.30 Uhr

(Foto: Grafik: M. Rothe)

Dann fand Albert Einstein 1905, dass sich Masse in Energie umwandeln lässt. Und Masse hat die Sonne genug: In Tonnen ausgedrückt entspricht ihre Materiemenge einer 28-stelligen Zahl.

Längst kennen wir auch den wahren Motor des Sterns: Tief in seinem Innern arbeitet ein Fusionsreaktor, der bei Temperaturen um die 15 Millionen Grad ständig Wasserstoff in Helium umwandelt. Dabei verliert die Sonne in jeder Sekunde vier Millionen Tonnen an Substanz. Nach 45 Millionen Jahren verstrahlt sie damit soviel Masse, wie in der Erdkugel steckt - was kaum ins Gewicht fällt, besitzt die Sonne doch die 330.000-fache Erdmasse!

Die Energie aus dem Herzen des Gasballs gelangt im Laufe von mehreren Hunderttausend Jahren über komplizierte Wege - Strahlung und Konvektion - an ihre Oberfläche und von dort in den Weltraum.

Doch so reibungslos funktioniert der Transport nicht. So etwa kühlen Regionen, in denen Magnetfelder den Energienachschub behindern, ein wenig ab und erscheinen im Kontrast zur 5500 Grad heißen Oberfläche dunkel: Wir beobachten einen Sonnenfleck.

Diese solaren Windpocken treten im Rhythmus von ungefähr elf Jahren besonders häufig auf. Sie künden von heftigen Aktivitäten der Sonne, die wiederum mit einer erhöhten Strahlkraft verknüpft sind. Aus historischen Beobachtungen lässt sich der Fleckenzyklus über Jahrhunderte zurückverfolgen.

Das taten Annie und Edward Walter Maunder, die Ende des 19. Jahrhunderts am Royal Observatory im englischen Greenwich forschten. Das Ehepaar entdeckte, dass es von 1645 bis 1715 kaum Flecken gegeben hatte. Dieses Maunder-Minimum fällt in die "kleine Eiszeit", die von 1350 bis 1880 dauerte. Während dieser Periode waren die Sommer kühl und regnerisch, die Winter kalt und schneereich. Zeitgenössische Gemälde zeigen Schlittschuhläufer auf der zugefrorenen Themse in London.

Der vergangene Winter war ebenfalls lang und frostig. Zufall, dass die Sonne seit Jahren ungewöhnlich ruhig ist? Das nächste Maximum erwarten die Experten in zwei Jahren - und bisher zeigen sich auf der Oberfläche kaum Flecken.

Kein Widerspruch zur globalen Klimaerwärmung

Angesichts der momentanen magnetischen Fieberkurve der Sonne prophezeien Wissenschaftler für Großbritannien und Mitteleuropa auch in Zukunft strenge Winter: Weil sich die sogenannte Stratosphäre nur schwach aufheizt, reißen die milden Starkwinde vom Atlantik in die Troposphäre ab. Kalte Winde aus dem Nordosten gewinnen aus diesem Grund mehr Einfluss. Die Forscher betonen, dass eine eventuelle neue kleine Eiszeit nicht der globalen Klimaerwärmung widersprechen würde.

Während Merkur verborgen bleibt, entwickelt sich Venus am westlichen Firmament zum strahlenden Abendstern; am 16. Mai zieht die schmale Mondsichel an dem Planeten vorbei. Mars wandert vom Krebs in den Löwen und geht bald nach Mitternacht unter. Jupiter in den Fischen schmückt den Morgenhimmel. Saturn in der Jungfrau steht bei Einbruch der Dunkelheit hoch im Süden. Uranus und Neptun warten noch auf ihren Auftritt.

Um den 9. Mai zeigen sich Sternschnuppen der Eta-Lyriden, um den 20. die Scorpius-Sagittarius-Meteore. Der Fahrplan des Erdbegleiters: Letztes Viertel am 6., Neumond am 14., Erstes Viertel am 21. und Vollmond am 28. Mai.

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