Steinmeiers Organspende:Belebende Nebenwirkungen

Frank-Walter Steinmeier und seiner Frau geht es besser, nach ihrer öffentlichkeitswirksamen Nierenoperation wächst offenbar die Bereitschaft zur Organspende. Und ein umstrittener Vorschlag beflügelt die Debatte.

Susanne Höll

Gut eine Woche nach den Nierenoperationen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier und seiner Ehefrau Elke Büdenbender sind die Nachrichten aus der Klinik durchaus erfreulich. Sie seien auf dem Weg der Genesung, bislang gebe es keine Komplikationen, teilte die SPD-Fraktion mit.

Steinmeier nimmt Auszeit

Sie muss sich noch schonen, er empfängt schon Besucher: Frank-Walter Steinmeier hat seiner Frau Elke Büdenbender eine Niere gespendet. Sein inniges Verhältnis zeigte das Paar auch auf einem Parteitag 2008.

(Foto: dpa)

Zudem hat der Doppeleingriff eine politische Debatte darüber angestoßen, wie man die in Deutschland vergleichsweise niedrige Zahl der Organspender erhöhen kann; eine Debatte, über die Mediziner, Gesundheitspolitiker und vor allem notleidende Patienten dankbar sind. Das Schicksal des Paares scheint angetan zu sein, die bisher allseits als zögerlich monierte Spendenbereitschaft in Deutschland zu erhöhen, zumindest vorübergehend.

Bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) jedenfalls steht seit der Nachricht über Steinmeiers politische Auszeit das Telefon nicht mehr still. Seit zehn Jahren beantworten Experten der DSO zusammen mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung an einem Info-Telefon persönliche Fragen zu Spenden und Transplantationen. Bislang meldeten sich jeden Tag im Durchschnitt gut 50 Ratsuchende. In der vergangenen Woche jedoch seien mehr als doppelt so viele Anrufe wie sonst eingegangen, sagt DSO-Sprecherin Birgit Blome.

Die meisten potentiellen Spender haben keinen Ausweis

"Die Resonanz ist groß. Die Menschen erkundigen sich nach Lebendspenden und fragen nach Ausweisen", berichtet Blome. Dass alle der bestellten Vordrucke auch ausgefüllt werden, kann sie nur hoffen, mit Sicherheit sagen kann sie es nicht. Gerade einmal 17 Prozent der Deutschen tragen einen der scheckkartengroßen Ausweise bei sich, weit weniger als die etwa 70 Prozent, die angeben, zu einer Spende bereit zu sein.

Zumindest einer dieser 70 Prozent hat seinen Status gewechselt. Thomas Oppermann, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, hatte die Operation Steinmeiers und Büdenbenders mit den Worten kommentiert: "Jetzt kann man beiden nur das Beste wünschen und sich einen Spenderausweis besorgen." Der Vordruck steckt nun in seiner Tasche.

Umstrittener Vorschlag beflügelt die Debatte

Die DSO ist zufrieden mit der Debatte und wünscht sich, dass sie noch möglichst lang weitergeht, im Interesse der Kranken, die auf eine Niere oder ein Herz warten. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach verspricht, diesen Wunsch so gut wie möglich zu erfüllen. Er sucht über die Fraktionsgrenzen hinweg im Bundestag Unterstützung für eine Änderung des Transplantationsgesetzes.

LANDESWEITE KAMPAGNE WIRBT FÜR ORGANSPENDE

Immer dabei: der Organspendeausweis im Geldbeutel.

(Foto: dpa)

Bislang muss der Spender sich dazu ausdrücklich einverstanden erklären. Lauterbach möchte dagegen Organentnahmen an Toten generell erlauben, es sei denn, der Mensch widerspricht zu Lebzeiten. Dieser Vorschlag ist sehr umstritten und mithin geeignet, die Diskussion zu beflügeln.

Seit einer Woche erhält auch Lauterbach viele Anfragen über Transplantationen und viel Zuspruch für die Entscheidung Steinmeiers zugunsten einer Lebendspende - auch von Leuten, die, wie er sagt, mit der SPD nichts am Hut haben. Bei ihm, aber auch andernorts haben sich sogar Menschen gemeldet, die, aus welchen Gründen auch immer, auf der Stelle eine ihrer Nieren vergeben wollten. Ihnen musste erklärt werden, dass Lebendspenden in Deutschland auf Angehörige oder enge Freunde beschränkt sind.

Von Spender Steinmeier und Empfängerin Büdenbender kommen, wie gesagt, auch gute Nachrichten. Steinmeier empfängt Besucher, wie man hört, wenn auch wenige. Auch simst er mit seinem Handy in der Welt herum und kümmert sich um seine Frau. Die muss viel vorsichtiger sein, sich vor Infektionen hüten. Erst in einigen Wochen wird man wissen, ob ihr Körper die Niere annimmt.

Beide können aber damit rechnen, alsbald wieder ein ganz normales Leben zu führen, ohne spezielle Diät, Medikamente oder körperliche Einschränkungen. Steinmeier dürfte bald wieder fit sein. Und in Fällen wie dem seiner Frau sind Mediziner auch sehr zuversichtlich. Wenn nach einem Jahr alles in Ordnung sei, funktioniere die Niere in der Regel dauerhaft, lautet die ärztliche Botschaft.

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