Stammzellforschung:Verstoß gegen gute Sitten

Wenn für eine Erfindung Embryonen zerstört werden, ist sie in Europa nicht mehr patentierbar, urteilt das Europäischen Patentamt (EPA).

Christina Berndt

Die kommerzielle Verwendung von menschlichen Embryonen verstößt gegen die guten Sitten. Zu diesem Schluss kommt die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA). Das Votum gilt als Grundsatzentscheidung zur Patentierbarkeit von Erfindungen, die auf der Zerstörung menschlicher Embryonen fußen.

Stammzellforschung: Die Patentfähigkeit von menschlichen Stammzellen ist weiterhin nicht ausgeschlossen.

Die Patentfähigkeit von menschlichen Stammzellen ist weiterhin nicht ausgeschlossen.

(Foto: Foto: AP/ACT)

Anlass war eine Patentanmeldung des US-Stammzell-Pioniers James Thomson. Er erhält nun in Europa keine Verwertungsrechte für seine Methode, mit der sich Stammzellen aus menschlichen Embryonen gewinnen lassen. In den USA hält Thomson dagegen schon seit Jahren ein solches Patent - schließlich ist seine Methode zweifellos neu, erfinderisch und auch gewerblich anwendbar: Nach ihrem Vorbild arbeiten heute Forscher weltweit - viele in der Hoffnung, mit den Stammzellen eines Tages Krankheiten zu heilen.

Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden. Zwar dürfen anders als in den USA in Europa Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstieße, keinen Patentschutz genießen. Doch in der Praxis hatte dies kaum eine Rolle gespielt. Und ethisch wird die Embryonenforschung in Europa sehr unterschiedlich bewertet - in Großbritannien wird sie relativ freizügig gehandhabt, in Deutschland ist sie verboten.

Die Entscheidung sei "ein großer Erfolg" für jene, die "immer wieder die Einhaltung ethischer Grenzen im Patentrecht gefordert" hätten, sagte der für Greenpeace tätige Gentechnikexperte Christoph Then. Er hofft, dass sich das EPA nun insgesamt "stärker auf seine gesellschaftliche Verantwortung besinnt".

Von einer "Verneigung des EPA vor der Demokratie" spricht die Hamburger Sozialwissenschaftlerin Ingrid Schneider. Das Europäische Parlament habe die Nicht-Patentierbarkeit seit langem gesetzlich geregelt. Es sei gut, dass sich das EPA nun daran halte.

Das EPA betont allerdings, die Entscheidung behandle nur die Zerstörung von Embryonen. Damit sei die Patentfähigkeit von menschlichen Stammzellen nicht unbedingt ausgeschlossen. So bleibt eine wichtige Frage offen: Sind Erfindungen patentierbar, wenn dafür keine Embryonen nötig sind, wohl aber embryonale Stammzelllinien, die irgendwer zuvor schließlich auch aus Embryonen gewonnen hat?

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