Patente und Moral:Europäische Stammzellforscher fühlen sich diskriminiert

Ist die Nutzung von Patenten, für die menschliche Embryonen vernichtet wurden, ein Verstoß gegen die guten Sitten? In einem Protestbrief wehren sich europäische Stammzellforscher gegen eine Diskriminierung ihrer Arbeit durch das Europäische Patentamt.

Christina Berndt

In einem offenen Brief wehren sich 13 Stammzellforscher gegen die Diskriminierung ihrer Arbeit im europäischen Patentwesen. Schon 2008 hatte sich das Europäische Patentamt gegen Schutzrechte für Erfindungen entschieden, für die menschliche Embryonen vernichtet worden sind.

Stammzell-Entwicklung von allein

Stammzellen in einem Labor des Max-Planck-Instituts in Münster. Stammzellforscher wehren sich gegen den Vorwurf, dass Patente, bei denen embryonale Stammzellen eine Rolle spielen, gegen die guten Sitten verstoßen.

(Foto: dpa)

Ob die Nutzung solcher Patente tatsächlich ein Verstoß gegen die guten Sitten wäre, wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) bald entscheiden. Vor kurzem hat sich der Generalanwalt des EuGH bereits für ein Verbot von Patenten ausgesprochen, bei denen embryonale Stammzellen eine Rolle spielen.

"Es wäre furchtbar, wenn das Gericht dieser Empfehlung folgen würde", sagt Austin Smith vom Wellcome Trust Centre in Cambridge, federführender Unterzeichner des nun in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Protestbriefs . Der EuGH würde signalisieren, "Wissenschaftler wären in unmoralische Aktivitäten verwickelt", so Smith, obwohl Forschung an menschlichen Embryonen in vielen Ländern Europas erlaubt sei.

Darüber hinaus wäre die Zukunft der europäischen Stammzellforschung bedroht, heißt es in dem Schreiben. Firmen würden lediglich investieren, wenn sie ihre Innovationen auch durch Patente schützen könnten. Ohne die Industrie aber ließen sich die Ergebnisse der Stammzellforschung nicht in Anwendungen für Patienten überführen.

Es gehe nicht um die Kommerzialisierung menschlicher Embryonen, betont Smith. Embryonale Stammzellen seien keine Embryonen; sie wurden einmal aus Embryonen gewonnen, aber nun ließen sie sich im Labor beliebig vermehren und nutzen. Hundert solcher Zelllinien seien inzwischen international verfügbar.

Der EuGH hatte sich infolge einer Klage von Greenpeace gegen ein Patent des Bonner Wissenschaftlers Oliver Brüstle des Themas angenommen. Das Patent beschreibt, wie sich aus embryonalen Stammzellen Ersatzzellen für Gehirn und Rückenmark gewinnen lassen.

"Uns geht es nicht darum, die Forschung zu behindern", sagt der für Greenpeace tätige Patentexperte Christoph Then. "Es war unser Anliegen, die Patentierbarkeit der industriellen Verwendung von menschlichen Embryonen zu klären." Eizellen und Sperma seien schließlich auch nicht patentierbar.

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