Sprachforschung:Das Palaver der Paviane

Warum können Affen nicht sprechen, wo sie dem Menschen doch so nahe stehen? Bisher galt als gesichtert, dass den Tieren die anatomischen Voraussetzungen fehlen, um die nötigen Laute zu bilden. Doch nun legen Forscher Ergebnisse vor, die das in Frage stellen.

Von Katrin Blawat

Wie und wann sich die menschliche Sprache entwickelt hat, stellt Forscher vor ein Rätsel. Umso mehr, da nun auch noch eine Erkenntnis widerlegt zu sein scheint, die lange als sicher galt: Jüngsten Studien zufolge ist es nicht, wie seit Jahrzehnten postuliert, ihr hoch gelegener Kehlkopf, der Affen hindert, Vokale zu produzieren. Guinea-Paviane zum Beispiel sind trotz ihres hohen Kehlkopfes zu Lauten in der Lage, die den Vokalen menschlicher Sprache ähneln. Das schreibt ein Team um Louis-Jean Boë von der Université Grenoble Alpes im Fachmagazin Plos One. Damit bestätigen die Forscher Kollegen aus Wien, die kürzlich für eine andere Primatenart zur gleichen Schlussfolgerung gekommen waren (Science Advances, online).

Für die jüngste Studie nutzten Boë und seine Kollegen mehr als 1300 Lautäußerungen von 15 Guinea-Pavianen. Zudem untersuchten die Forscher die Anatomie des Rachenraumes zweier verstorbener Tiere. Dabei zeigte sich, dass auch Paviane jene Strukturen besitzen, die zur Produktion von Vokalen nötig sind, vor allem Muskeln zur präzisen Steuerung der Zunge. Wie die Tonaufnahmen bestätigten, bringen die Affen tatsächlich vokalähnliche Laute in ihren Rufen unter. An der Biomechanik oder Anatomie des Rachenraumes liege es also nicht, dass die Affen nicht sprechen.

Vor den Forschern aus Grenoble und Wien hatten schon andere Wissenschaftler Zweifel an der Kehlkopf-Hypothese geäußert. Zum Beispiel liegt der Kehlkopf auch bei Kleinkindern höher als bei Erwachsenen - trotzdem können sie sprechen. Umgekehrt senkt sich offenbar auch bei Schimpansen der Kehlkopf ab, ohne dass die Tiere Worte produzieren. Insgesamt deutet also vieles darauf hin, dass weniger die Kehlkopfposition entscheidend ist für die Bildung von Vokalen als vielmehr die muskuläre Feinsteuerung der Zunge.

Doch um eine Sprache im menschlichen Sinn zu entwickeln, müssen mindestens zwei weitere Voraussetzungen erfüllt sein: Das Gehirn muss kognitiv in der Lage dazu sein - und es braucht die Motivation, überhaupt etwas mitzuteilen, wofür Gesten und Körpersprache nicht ausreichen. Vermutlich mangelt es nicht-menschlichen Primaten an beidem.

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