Spitzbergen:Beschleunigter Gletscher

Das ehrgeizige Copernicus-Satellitenprogramm der EU liefert erste Bilder und Ergebnisse. Sogleich schlagen Forscher Alarm: Der größte Gletscher Spitzbergens verliere deutlich schneller an Masse als gedacht.

Neue Blicke auf den blauen Planeten aus dem All: Die Europäische Weltraumagentur Esa und die Brüsseler EU-Kommission haben am Donnerstag erste Aufnahmen des im April gestarteten Sentinel-1A-Satelliten veröffentlicht. Die im Internet zugänglichen Bilder zeigen unter anderem Ölplattformen vor Norwegen und einen Landstrich in der Nähe von Jena, wie die Kommission erläuterte. Sie belegten, dass bei der Mission "alles nach Plan verläuft", erklärte die Behörde.

Forscher der Universität Leeds in Großbritannien nutzten die Aufnahmen, um die Eismassen auf der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen genauer zu vermessen. Dabei stellten sie fest, dass die Eismassen am größten Gletscher der Insel sich deutlich schneller bewegen als in den letzten Jahren. Das bedeutet, dass der Gletscher an Masse verliert. Die Bewegung der Eismassen habe sich in den letzten zwei bis drei Jahren deutlich beschleunigt, sagte der Geologe Andrew Shepherd der BBC. "Er bewegt sich jetzt zehn Mal so schnell wie zuvor gemessen", so der Forscher. Die Veränderung könnte eine Auswirkung des globalen Klimawandels sein. Die Ergebnisse der Messungen sind aber bislang noch nicht publiziert.

Wetterunabhängige Radartechnologie

Sentinel-1A ist der erste einer Serie künftiger Sentinel-Satelliten. Sie sollen im Rahmen des Copernicus-Programms mit ihrem High-Tech-Radar die Oberfläche der Erde bei allen Wetterlagen detailliert abtasten. Dabei sammeln sie dem Plan zufolge Daten über die Ozeane, Landflächen und die Atmosphäre. Diese werden Behörden, der Öffentlichkeit, der Wissenschaft und der Wirtschaft laut EU kostenlos zur Verfügung gestellt. Ein Einsatzgebiet ist die Schifffahrt. Zum Beispiel lasse sich anhand der Sentinel-Aufnahmen etwa dünnes Eis von gefährlichem Packeis unterscheiden. So mache das Programm künftig den Seeverkehr durch arktische Gefilde sicherer. Die Beobachtung der Eisdecken, ihrer Dicke und ihrer Entwicklung soll laut den Erwartungen der EU-Kommission auch die Klimaforschung voranbringen. Ferner kann die Radartechnologie auch bei der Entdeckung von Öllecks in Schiffen oder Bohrinseln helfen. Und weil das Radar durch Wolken hindurchblickt, sei Sentinel auch für Daten bei Überschwemmungen besonders geeignet. Auf die Art könnten dann Hilfen im Katastrophenfall besser koordiniert werden.

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