Sommer 2009:Alle Wetter

Trotz der Gewitter in diesen Wochen: In Zukunft werden die Sommer trockener und wärmer. Doch wer sich auf mildes Mittelmeerklima freut, irrt gewaltig.

Axel Bojanowski

Die Nachricht überrascht an diesem heißen Tag: Der Sommer 2009 werde kühler ausfallen als in den vergangenen Jahren, berichtet der Deutsche Wetterdienst DWD. Gleichwohl sei der Trend zur Erwärmung ungebrochen; seit 21 Jahren erlebe Deutschland stets neue Temperaturrekorde. Schwankungen von Jahr zu Jahr fielen da nicht ins Gewicht. Und die August-Temperaturen sind in Deutschland am stärksten gestiegen.

Sommer 2009: Sommerzeit ist derzeit immer auch Gewitterzeit - wie hier über Dresden.

Sommerzeit ist derzeit immer auch Gewitterzeit - wie hier über Dresden.

(Foto: Foto: dpa)

Es begann 1988. Seither erlebt Deutschland ein ungewöhnlich warmes Jahr nach dem anderen. Lediglich 1996 brachte Abkühlung. Ein neues Klima hat sich eingestellt: In den Jahren von 1961 bis 1990 betrug die Jahrestemperatur durchschnittlich 8,2 Grad - von 1977 bis 2006 dagegen 8,7 Grad, wie der Deutsche Wetterdienst berechnet hat.

Seit 1901 schnellte die Jahrestemperatur in Deutschland um ein Grad in die Höhe, etwas stärker sogar als weltweit. Der Südwesten Deutschlands hat sich dabei deutlich stärker erwärmt als der Nordosten: Während es im Saarland übers Jahr 1,6 Grad wärmer geworden ist, sind die Temperaturen in Mecklenburg-Vorpommern fast gar nicht gestiegen.

Vor allem Frühjahr und Sommer in Deutschland seien wärmer geworden, sagt Gerhard Müller-Westermeier vom DWD. Dennoch regne es nicht weniger als früher, sagt der Meteorologe - Ausnahmen seien Sachsen und Brandenburg, dort macht sich die Entfernung zum Atlantik bemerkbar. "In Bayern gibt es sogar eine leichte Zunahme der Sommerniederschläge seit 1901", konstatiert Müller-Westermeier. Zwar wurde es in den letzten Jahren etwas sonniger. Doch auch im Sommer überwiegen hierzulande weiterhin Wolken. Der Himmel über Deutschland ist im Juli im Durchschnitt zu 62 Prozent bedeckt. In den Bergen bleibt es häufiger wolkig als im Flachland.

Eine besonders regenträchtige Witterung schiebe sich im Sommer vermehrt nach Mitteleuropa, berichtet Wolfgang Fricke vom Deutschen Wetterdienst: Es ist die sogenannte Vb-Wetterlage. Dabei rücken Luftmassen, die sich über dem warmen Mittelmeer mit Feuchtigkeit vollgesogen haben, von Süden her vor. Wo sie abregnen, quellen die Flüsse über. Die Hochwasser an der Oder 1997, in Bayern 1999, an der Elbe 2002 und in den Alpen im Jahr 2005 wurden von Vb-Wetterlagen verursacht.

Manche Regionen in Deutschland hätten in den letzten Jahren heftigere Gewitter und Starkregen als früher erlebt, sagt Müller-Westermeier. Je wärmer die Luft, desto größere Mengen Feuchtigkeit kann sie aufnehmen; es bilden sich gewaltige Wolkentürme. Für das ganze Land jedoch zeichne sich bislang kein Trend zu stärkeren Niederschlägen ab, hat der DWD erkannt.

Neue Weinsorten an Deutschlands Hängen

Warum sich die Wetterlagen verändert haben, sei unklar, sagt der Meteorologe Fricke. Der weltweite Klimawandel habe zwar die bodennahe Lufttemperatur im globalen Durchschnitt erhöht. Wie die sommerliche Witterung in Deutschland davon beeinflusst wurde, müsse aber noch erforscht werden.

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(Foto: Grafik: SZ)

Wie sich das Klima künftig entwickeln könnte, zeigen Computerrechnungen des Max-Planck-Instituts für Meteorologie MPI. Sie fußen auf der Annahme, dass ungebremst Treibhausgase aus Fabriken, Heizungen, Autos und Kraftwerken in die Luft gelangen. Die Simulationen errechnen allerdings keine Wetterlagen, sondern lediglich Trends für Temperaturen und Niederschlag.

Ende des Jahrhunderts könnte es dem MPI-Szenario zufolge im Jahresdurchschnitt rund drei Grad wärmer sein als in den letzten Jahrzehnten; der Süden werde sich am stärksten erwärmen. Im Sommer werde es schon im Zeitraum 2021 bis 2050 um rund ein Grad wärmer sein als heutzutage. Auch künftig werden allerdings keine Palmen wachsen. "Wir bekommen trotz Erwärmung kein Mittelmeerklima", sagt Daniela Jacob vom MPI. Deutschland wird weiterhin in der Westwindzone liegen, wie eh und je werden regenreiche Tiefdruckgebiete übers Land ziehen.

Ende des Jahrhunderts fällt den Rechnungen zufolge übers Jahr etwa gleich viel Niederschlag wie derzeit; weder Trockenperioden noch Starkregenfälle werden häufiger - außer im Sommer. Sie werden dem MPI zufolge immer regenärmer, besonders im Süden Deutschlands. Sinkende Grundwasserspiegel, Hitzekrankheiten und erhöhte Waldbrandgefahr wären die Folge.

In den Wäldern werde die Buche nach Meinung von Forstexperten weiterhin zahlreich vertreten sein, Fichten können jedoch hohen Temperaturen schlecht trotzen. Die Experten empfehlen, Mischwälder zu pflanzen. Auch Landwirte müssten im neuen Klima andere Sorten anbauen, aber da sich die Vegetationsperiode mit dem Klimawandel verlängert, können sich die Bauern dem MPI zufolge auf mehrere Ernten pro Jahr freuen.

Das neue Klima hat bereits einen Wechsel der Weinsorten bewirkt. Wo früher Trollinger und Lemberger wuchsen, werden jetzt auch wärmeliebende Rotweinsorten wie Cabernet und Syrah angebaut. Ende August gedeihen Weintrauben besonders gut. Dann schwenken üblicherweise Hochdruckgebiete über Mitteleuropa, und die leiten spätsommerliches Schönwetter ein. Darauf war bisher noch Verlass.

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