Shuttle-Nachfolger:Raumpatrouille "Orion" auf amerikanisch

Schon 2010 sollen die Spaceshuttles der Nasa endgültig eingemottet werden. Nun präsentiert die US-Raumfahrtbehörde den Nachfolger: Eine kleine Kapsel namens Orion.

Guido Meyer

Die Uhr tickt für die Spaceshuttles. Schon 2010 sollen sie endgültig eingemottet werden. Und so arbeitet die US-Raumfahrtbehörde Nasa bereits seit vier Jahren mit Hochdruck an einem neuen Raumschiff, das dem bisherigen störanfälligen Arbeitspferd Spaceshuttle nachfolgen könnte.

Bislang waren nicht viel mehr als der Name und die äußere Form bekannt: Orion soll es heißen, und eine Kapsel soll es werden. Der Shuttle-Nachfolger ähnelt damit den Apollo-Raumschiffen der 60er- und 70er-Jahre.

Am heutigen Mittwoch rollt die Nasa ihr neues Baby nun erstmals aus dem Hangar des Langley-Forschungszentrums in Virginia und präsentiert es der Öffentlichkeit. Es ist nur ein Prototyp, immerhin aber soll er noch dieses Jahr erste Tests absolvieren. Die Kapsel entspricht zwar in Form, Größe und Gewicht bereits weitgehend der endgültigen Flugversion. In den kommenden Monaten aber können noch Details verändert werden.

Der Nasa-Techniker Jeff Fox zum Beispiel hat schon einen Verbesserungsvorschlag gemacht: Den Astronauten fehle noch der Blick fürs Ganze, so der Chef-Cockpit-Ingenieur für die Orion-Kapseln. "Wir betreiben noch Studien, die sich mit der Form der Fenster und ihrer geometrischen Anordnung in der Kapsel beschäftigen." Die Bullaugen müssen im richtigen Winkel liegen, damit die Crew die Internationale Raumstation beim Anflug auch sieht.

Die Art der Landung steht noch nicht fest

Auch der Hitzeschutzschild der Orion-Kapseln ist noch nicht komplett gestaltet. Auf seine endgültige Form können die Ingenieure sich erst festlegen wenn feststeht, ob die Kapseln bei ihrer Rückkehr zur Erde auf dem Festland aufsetzen oder wassern werden.

Für eine Landung im Pazifik, wie sie bei allen bisherigen amerikanischen Kapsel-Missionen -Mercury, Gemini und Apollo- stattfand, würde ein Fallschirmsystem oben auf der Kapsel genügen. Ein hartes Aufsetzen aber müsste mit Airbags abgefedert werden. Damit sich diese unten an der Kapsel aufblasen können, müsste der Hitzeschild nach dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre abgesprengt werden.

"Hitze ist eine unserer größten Herausforderungen", sagt Jay Lebau, der Chef des Bereichs Hitzeschutzsysteme, der mit seinem Team ebenfalls noch an den letzten Einzelheiten des Orion-Projekts bastelt. Die Ingenieure müssen berechnen, wie heiß es an welchen Stellen der Kapsel wird, damit das Raumschiff vor der Reibungshitze beim Flug durch die Atmosphäre geschützt werden kann.

Dabei müssen sie aber eines beachten: "Jedes zusätzliche Kilogramm Hitze-Isolierung geht auf Kosten der Nutzlast, die wir nicht mit in die Umlaufbahn nehmen können", gibt Lebau zu bedenken.

Seit dem Columbia-Unglück widmet die Nasa der Isolierung ihrer Raumschiffe besondere Aufmerksamkeit. Am 1.Februar 2003 war der Spaceshuttle Columbia beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglüht. Zuvor hatten beim Start herabfallende Teile des Tanks ein Loch in einen Flügel geschlagen.

Diese Gefahr bestehe bei den Orion-Kapseln nicht, sagt Ulrich Walter, der 1993 mit der Columbia im All war. "Die Orion-Raumschiffe sitzen oben auf der Rakete und hängen nicht seitlich am Tank wie die Spaceshuttles. Wenn sich von irgendwo Teile lösen, fallen sie nach unten weg. Sie können die Kapsel also gar nicht treffen und beschädigen."

Simulierter Unglücksflug

Sechs Personen sollen mit den Orion-Kapseln ins All starten können - doppelt so viele wie mit den Apollo-Kapseln und fast so viele wie mit den Spaceshuttles. Für schwere Nutzlast ist allerdings kein Platz in den Orion-Kapseln, anders als in den Shuttles mit ihrer omnibusgroßen Ladebucht.

Der jetzt fertiggestellte Prototyp wird nun per Flugzeug vom Langley Research Center an der Ostküste der USA zum Dryden Flight Research Center an die Westküste geflogen. Dort wird die Innenausstattung mit Flugcomputern und sonstiger Bordelektronik eingebaut. Von Kalifornien geht es danach zur Militärbasis White Sands in New Mexico, wo die Kapsel einen sogenannten Rettungsturm erhält.

Raumpatrouille "Orion" auf amerikanisch

"Wir werden einen Startabbruch durchspielen, bei dem die Rakete vom Kurs abkommt", sagt Jeff Hanley. Hanley ist Manager des Constellation-Programms, wie die Nasa das Nachfolgeprojekt der Raumfähren nennt.

Bei diesem Test soll die kleine Rettungsrakete, die sich oben auf der Crewkapsel befindet, die Orion von der Abschussrampe wegtragen. "Aus sicherer Entfernung kann die Kapsel dann mit Fallschirmen landen und geborgen werden", so Hanley.

Ende dieses Jahres soll der erste Orion-Prototyp starten und dieses Notfallszenario durchspielen. Danach können Techniker noch Änderungen am System vornehmen, bis 2012 die erste Flugversion einer Orion-Kapsel starten soll. "Wir werden eine voll funktionsfähige Kommandokapsel fliegen", so Hanley. Eines wird man sich allerdings sparen: die Lebenserhaltungssysteme für die Astronauten. Schließlich will die Nasa die unbemannte Kapsel in den Ozean stürzen lassen.

Zuvor wird die US-Raumfahrtbehörde einen Flugabbruch in großer Höhe durchspielen. Dazu soll die große Trägerrakete zunächst ganz normal mit der Orion-Kapsel starten. Anstatt dann aber, wie sonst üblich, die zweite Raketenstufe zu zünden, wird eine Fehlfunktion simuliert, so dass sich die Kapsel von ihr lösen muss. Sie fällt in den Atlantik und wird von Rettungsschiffen geborgen. "Dies ist unser wahrscheinlichstes Abbruchszenario", sagt Nasa-Mann Hanley.

Bemannter Flug 2013

Einige Monate danach soll erstmals eine automatisch gesteuerte Orion-Kapsel bis in den Weltraum fliegen. Ende 2013 sollen dann Astronauten einsteigen zum ersten bemannten Testflug zur Internationalen Raumstation (ISS).

Während dieser Mission werden die Astronauten einen Adapter an einem der Dockingstutzen der ISS anbringen, mit dessen Hilfe alle folgenden Orion-Kapseln anlegen können. Der Hauptzweck des Flugs aber ist der Test des gesamten Raumschiffs im Flug.

"Wahrscheinlich werden wir einige Rendezvousmanöver und Andockmanöver mit der ISS durchspielen", so Hanley. Im Jahr 2014 sollen die Orion-Kapseln den Regelbetrieb aufnehmen und als neues Universal-Raumschiff Astronauten zum Mond transportieren, später auch zum Mars.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: