Seuchen:Tuberkulose quälte Menschen schon vor 7000 Jahren

Ungarische Wissenschaftler haben in 7000 Jahre alten Knochenresten starke Hinweise auf eine Infektion mit der Lungenkrankheit gefunden. Sowohl krankhafte Veränderungen an der Knochensubstanz als auch eine DNA-Analyse sprechen dafür.

Von Katrin Blawat

Tuberkulose quält die Menschheit schon seit Jahrtausenden. Einen neuen Beleg dafür liefern Skelette aus Südungarn, die ein Team um Muriel Masson von der Universität Szeged untersucht hat. In 7000 Jahre alten Knochenresten fanden die Forscher starke Hinweise auf eine Infektion mit der Lungenkrankheit (Plos One, Bd.8 S. e78252, 2013).

Ob ein Mensch vor Tausenden Jahren an Tuberkulose litt, lässt sich anhand charakteristischer Knochenveränderungen abschätzen. Das Team um Masson konzentrierte sich vor allem auf überzählige Knochensubstanz in Armen und Beinen.

Solche krankhaften Veränderungen könnten mit großer Wahrscheinlichkeit die Folge einer Tuberkulose-Infektion sein, so die Forscher. Allerdings gelten derartige Hinweise allein nicht als sehr belastbar, wenn es um die Datierung früher Tuberkulosefälle geht.

Einer der ältesten bekannten Fälle von Lungenkrankheit in Europa

Daher analysierten die Wissenschaftler auch DNA-Fragmente, die sie aus den Skeletten isoliert hatten. Diese Untersuchungen bestätigten den 7000 Jahre alten Tuberkulosebefall. Außerdem entdeckten die Experten in ihren Proben Reste der Lipidmembran des Erregers.

Ihr Fund stelle einen Beleg für einen der ältesten Fälle der Lungenkrankheit in Europa dar, schreiben die Autoren. Die frühen Anfänge der Gemeinschaft zwischen dem Menschen und einer seiner ärgsten Geißeln werden auch durch Analysen eines noch etwas älteren Skeletts aus dem Mittelmeer vor Israel bestätigt. Demnach kursierte die Infektion bereits vor 9000 Jahren unter Menschen.

Zu dieser Zeit entwickelten sich viele Mikroben zur Seuche. Der Mensch hatte gerade begonnen, Vieh zu halten, wodurch er mit neuen Erregern in Kontakt kam. Zugleich führte das Bevölkerungswachstum dazu, dass Menschen enger zusammenlebten. Für die Evolution von Krankheitserregern sind das günstige Umstände. Daher erschien es lange Zeit wahrscheinlich, dass auch Mycobacterium tuberculosis, der Erreger der Tuberkulose, irgendwann von Kuh, Ziege oder Pferd auf den Menschen übergesprungen ist.

Überraschenderweise aber liefern die Ergebnisse molekularer Untersuchungen ein anderes Bild. Demnach hat sich der Erreger Seite an Seite mit dem Menschen entwickelt, ohne den Umweg über das Tier - und das bereits vor 70.000 Jahren. Dies zeigt eine weitere, kürzlich veröffentlichte Analyse der Evolution des Erregers. In Knochenresten hat man jedoch bisher keine Belege für eine derart frühe Infektion finden können.

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