Robert-Koch-Institut:Virus mit Potenz

Was macht das Virus so gefährlich und wie geht man in Deutschland mit der Gefahr um? Ein Gespräch mit dem Leiter des Robert-Koch-Instituts.

Patrick Illinger

SZ: Wie schlimm ist das neue Virus?

Robert-Koch-Institut: Angst in Mexiko: Die Schweinegrippe überträgt sich von Mensch zu Mensch und breitet sich schnell aus.

Angst in Mexiko: Die Schweinegrippe überträgt sich von Mensch zu Mensch und breitet sich schnell aus.

(Foto: Foto: AP)

Jörg Hacker: Bislang beschränken sich die Erkrankungen auf Mexiko und die USA. Aber das Virus hat durchaus Potenz, das muss man sagen. Auch eine mögliche Pandemie, also eine weltweite Ausbreitung, kann man derzeit nicht ausschließen. Andererseits ist es noch nicht so weit. In Europa ist es bisher nicht angekommen. Wir können es nicht abschließend bewerten, aber wir sind schon sehr besorgt.

SZ: Sind die aus Mexiko gemeldeten Todesfälle bestätigt?

Hacker: Die Informationen sind noch etwas lückenhaft. Was uns zu denken gibt ist, dass die Verläufe der Krankheit in Mexiko offenbar schwerer sind, mit Todesfällen. In den USA hingegen sind die Verläufe offenbar leichter. Das klinische Bild in Mexiko stimmt nicht mit dem in den USA überein. Das ist merkwürdig

SZ: Aber es ist dasselbe Virus?

Hacker: Ja, das haben die amerikanischen Kollegen nachgewiesen.

SZ: Es ist ja vom Typ H1N1, was auch der Virentyp der fürchterlichen Spanischen Grippe von 1918 war.

Hacker: Ja, aber H1N1 kommt öfter vor. Auch die saisonale Grippe in diesem Winter war vom Typ H1N1. Die Variante von Mexiko ist ein neuer Subtyp. Das Erbgut hat sich neu zusammengesetzt. Es enthält Gene von menschlichen Grippeviren, aber auch von Geflügel- und Schweineviren.

SZ: Werden in Deutschland schon konkrete Schutzmaßnahmen ergriffen?

Hacker: Unsere Aufgabe am Robert-Koch-Institut ist es, Informationen zusammenzustellen. Wir besprechen diese dann mit den Bundesländern, die formal zuständig sind. Wir werden auch Informationen an die Flughäfen geben, damit man zum Beispiel Flüge aus Mexiko besonders beobachtet. Ansonsten gibt es ja fertige Pandemiepläne in Deutschland. Aber wie gesagt: Europa ist noch nicht betroffen. Die Warnstufen-Skala der Weltgesundheitsorganisation geht von eins bis sechs. Wir sind bei Stufe drei. Das entspricht der Warnstufe, die auch für die Vogelgrippe gilt. Diese Stufe hat die WHO am Wochenende nicht erhöht, was zeigt, dass man erst mal abwarten will.

SZ: Im Unterschied zur Vogelgrippe kann das Schweinegrippe-Virus aber von Mensch zu Mensch springen?

Hacker: Ja, das ist das Besorgniserregende an diesem neuen Virus. Es ist eindeutig von Mensch zu Mensch übertragbar. Es haben sich Menschen angesteckt, die keinen Kontakt mit Schweinen oder Bauernhöfen hatten.

SZ: Was passiert, wenn die ersten Fälle in Deutschland auftreten?

Hacker: Man würde versuchen, die Erkrankten möglichst schnell zu isolieren und versorgen. Man würde auch auf jene Menschen zugehen, die Kontakt hatten mit dem Erkrankten. Positiv erscheint im Moment, dass das Virus offenbar auf moderne Medikamente anspricht.

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