Raumfahrt-Euphorie:Danach zum Mars!

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Harry Ruppe, Erbauer der Saturn-V-Rakete, war beim Start von Apollo 11 live dabei - und erlebte, was für große Hoffnungen die erste Mondlandung erweckte.

Dieter Sürig

Der gebürtige Leipziger Harry Ruppe studierte Physik in Berlin und promovierte 1963 über die Kosten bemannter interplanetarer Raumflüge. Schon 1957 war er nach Huntsville/Alabama gegangen, wo er im Team Wernher von Brauns an der ersten US-Mondsonde Pioneer 4 sowie an der Entwicklung der späteren Mondrakete Saturn arbeitete. Später war er Direktor am Marshall Spaceflight Center und befasste sich auch mit der Planung bemannter Marsflüge. 1966 nahm er einen Ruf an die Technische Universität München an, wo er bis 1994 den Lehrstuhl für Raumfahrttechnik innehatte.

Harry Ruppe war unter anderem am Bau der Mondrakete Saturn V beteiligt. (Foto: AP)

SZ: Wo waren Sie am 20. Juli 1969?

Ruppe: Ich saß damals im Fernsehstudio des WDR in Köln und war als Experte zur Mond-Sondersendung geladen. Trotz der guten Vorbereitung des Apollo-Projekts hatte ich hin und wieder Zweifel, ob das alles gutgehen würde. Das konnte ich dort natürlich nicht laut sagen, weil ich ja eine gewisse Sicherheit ausstrahlen musste.

SZ: Beim Start von Apollo 11 vier Tage vorher waren Sie live dabei?

Ruppe: Den Start habe ich auf der Tribüne in Cape Kennedy miterlebt. Wernher von Braun war im Kontrollzentrum und kam dann relativ bald nach dem Start zu uns heraus. Anschließend gab es eine Party für die Nasa-Leute.

SZ: Die Euphorie war groß?

Ruppe: Ja, wir hatten seit Kennedys Rede auf diesen Tag hingearbeitet. Nach menschlichen Ermessen war alles perfekt. Mit keinem anderen Programm, mit dem ich sonst zu tun hatte, hatten wir so einen gründlichen Vorlauf wie bei Apollo 11.

SZ: Was war Ihre Rolle beim Apollo-Programm?

Ruppe: Eine meiner Hauptaktivitäten war die Saturn 1c, die später in Saturn V umbenannt wurde. Wir haben damals diskutiert, wie viele Triebwerke wir nehmen sollten. Ich habe mich immer für das obere Limit ausgesprochen, also fünf F1-Raketentriebwerke. Die Kollegen in Houston waren immer ein bisschen zu optimistisch, was die Masse betrifft, die sie transportieren müssen. Ich wollte Spielraum nach oben, und die späteren Apollo-Flüge haben ja auch mehr Nutzlast zum Mond gebracht, wie das Mondauto. Auch die Menge der Gesteinsproben, die wir zur Erde bringen wollten, wurde immer größer. Beim ersten Flug waren es nur 50 Kilogramm als Beweis, dass wir dagewesen sind, später wurde es mehr.

SZ: Warum haben Sie die Nasa verlassen?

Ruppe: Die meisten Beteiligten glaubten, dass wir nach dem Mondprogramm relativ bald mit einem bemannten Marsprogramm fortfahren würden. Wir wollten möglichst zügig an Apollo anschließen, denn jede Diskussionspause hätte den Kritikern - den Termiten, wie wir sie damals nannten - Vorschub geleistet. Ich sollte Missiondirektor der bemannten Marsflüge werden. Nach Kennedys Ermordung wurde aber klar, dass die Marsmission nicht stattfinden wird. Es war sogar jahrelang bei der Nasa verboten, über diese Pläne zu reden.

SZ: Dann kam die Internationale Raumstation. War diese Investition sinnvoll oder wäre Ihnen eine Mondstation lieber gewesen?

Ruppe: Wir hatten keine Saturn-Raketen mehr und konnten gar nicht zum Mond. Die Raumstation ist sinnvoll, um in der Schwerelosigkeit zu forschen. Mich reißt es aber nicht vom Stuhl.

SZ: Ist es richtig, jetzt zum Mond zurückzukehren?

Ruppe: Es ist notwendig für die Nasa, über die Raumstation hinauszudenken. Ich bin mir aber sehr unsicher, ob daraus etwas wird. Ich erwarte dabei keinen sonderlichen Gewinn. Das Einzige, was mich überzeugt, wäre eine astronomische Station auf dem Mond. Er ist als Sprungbrett zum Mars nicht geeignet.

SZ: Haben die Amerikaner Angst, dass ihnen die Chinesen auf dem Mond zuvorkommen?

Ruppe: Wenn heute jemand anderes eine bemannte Mondbasis bauen würde, täte das die Amis vielleicht ein wenig kratzen - aber eher aus psychologischen Gründen. China macht das in den nächsten Jahren aber mit Sicherheit nicht. Und eine andere Nation sehe ich nicht auf dem Mond.

SZ: Haben Sie damals, in der Euphorie der sechziger Jahre gehofft, dass Sie selbst einmal ins All fliegen?

Ruppe: Wernher von Braun und ich haben schon gemeint, dass für uns nach einer Marsmission vielleicht einmal ein Flug zum Mond drin wäre.

SZ: Haben Sie noch Kontakt zu den Astronauten?

Ruppe: Ja, zu Buzz Aldrin. Wenn er in Deutschland ist, treffen wir uns oder er ruft zumindest mal an. Zu Neil Armstrong hatte ich früher auch einen guten Kontakt, aber er hat sich ziemlich zurückgezogen.

© SZ vom 18.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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