Raumfahrt:Ein Palast stürzt ab

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Das chinesische Raumlabor "Tiangong-1" soll im Jahr 2017 in die Atmosphäre stürzen, teilt Chinas Raumfahrtbehörde mit. Ob sich das steuern lässt, ist unklar. Womöglich fallen einzelne Teile bis auf die Erdoberfläche - nur wohin genau?

Von Marlene Weiss

Tiangong-1, himmlischer Palast, heißt die erste, nicht dauerhaft bemannte Raumstation, welche China im Jahr 2011 ins All schickte. Zwei Solarpaneel-Flügel, 14 Kubikmeter Labor, für Besucher eine kleine Wohneinheit: Eher Schrank als Palast, aber bitte. Ab Mitte 2017 soll das Labor auf die Erde stürzen, lässt Chinas Weltraumbehörde nun über den staatlichen Nachrichtendienst Xinhua wissen. Das ist insofern pikant, als seit Monaten diskutiert wird, ob Tiangong-1 überhaupt noch unter Kontrolle ist. Ende März hieß es über Xinhua, die Datenübertragung sei beendet. Wenn das Labor wirklich keine Informationen über Position oder Befinden mehr schickt, kann man es kaum steuern. Ein Absturz wäre dann unausweichlich: Ohne Schub wird jedes Objekt auf einer Umlaufbahn irgendwann so weit abgebremst, dass es in die Atmosphäre eintritt.

Nach Ansicht des Harvard-Astrophysikers Jonathan McDowell bestätigt die neue Ankündigung den Kontrollverlust, schreibt der britische Guardian: Einige Teile würden wohl nicht ganz verbrennen, 100 Kilogramm schwere Brocken könnten auf die Erde fallen, wohin auch immer. "Es ist schon möglich oder wahrscheinlich, dass etwas nicht verglüht und auf die Erde auftrifft, etwa große Bauteile, auch Teile aus Titan oder Keramik", sagt Sabine Klinkner, Satellitentechnik-Expertin an der Uni Stuttgart. Allerdings könne man eine Raumstation durchaus absinken lassen und dann erst den Absturz einleiten, das bedeute noch keinen Kontrollverlust. Aber auch wenn fraglich ist, ob ein gesteuerter Abgang möglich ist - der größte Teil der Erde ist unbewohnt oder von Wasser bedeckt, die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch getroffen wird, ist gering. Wer indes nun Angst hat, der Himmel könnte ihm in Form eines Palastes auf den Kopf fallen, den dürften die Auskünfte aus China nicht gerade beruhigen: Man werde Tiangong-1 beobachten, und wenn nötig eine Absturz-Vorhersage veröffentlichen. Die Bilder zeigen ein Andock-Manöver im Jahr 2012, die beteiligten Astronauten, Tiangong-1 vom Raumschiff aus gesehen sowie die Astronautin Wang Yaping mit einem Wassertropfen im Raumlabor (von links oben im Uhrzeigersinn).

© SZ vom 22.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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