Raumfahrt:Der Roboterarm ist mobil

Das "Monster" ist nun verkabelt und kann sich frei an der Außenhaut der Internationalen Raumsstation ISS entlang bewegen.

Zwei Astronauten des Shuttle Endeavour sind am Dienstag erneut in den Weltraum ausgestiegen, um den neuen Roboterarm der Internationalen Raumstation ISS einsatzfähig zu machen.

canadarm2_dpa

Eine Darstellung des kanadischen Roboterarms Canadarm 2

Sieben Stunden im All

Der Kanadier Chris Hadfield und der Amerikaner Scott Parazynski hatten bereits am Sonntag fast sieben Stunden draußen im Weltraum verbracht, um den zuvor aus dem Shuttle gehievten Roboterarm an der ISS anzubringen. Das fast 18 Meter lange und rund 900 Millionen Dollar teure "Monster" ist mobil, das heißt, es kann sich auf einer Art Schlitten wie eine Raupe vorwärts bewegen und somit Arbeiten an jeder Stelle an der ISS-Außenwand verrichten.

Erste Probeschritte des "Monsters"

Am Montag unternahm der "Neuling" die ersten Probeschritte und stöpselte sich dann mit seinem Ende in einer Steckdose ein. Aufgabe der beiden Astronauten war es, erste am Sonntag gelegte Kabel für den Roboter-Arm wieder zu entfernen und dauerhafte Kabel zu legen. Außerdem hatte das Duo die Aufgabe, ein Notstromaggregat anzubringen und eine Antenne zu entfernen.

Für Mittwoch ist ein symbolischer Händedruck geplant, den es noch nie gegeben hat: zwischen dem Roboterarm des Shuttle und dem der ISS. Beide Arme werden von Astronauten im Innern des Shuttle und der Station gesteuert.

900 Millionen Dollar

Das Anbringen des Roboterarms an der Außenwand der ISS ist die Hauptausfage der sieben Astronauten. Der Arm ist mobil, er soll sich selbstständig entlang der Außenhülle der Raumstation fortbewegen.

Der rund 900 Millionen Dollar teure und fast 18 Meter lange "Canadarm 2" ist Kanadas Hauptbeitrag zur ISS. Der Arm soll auf einer Art Schlitten an der Außenwand der Station entlanggleiten können und in der Lage sein, Arbeiten an jeder Stelle der ISS auszuführen.

Bedient wird das siebengliedrige Gerät von einem Astronauten oder Kosmonauten in der Station. Mit Hilfe eines Computers kann er auch selbstständige Manöver ausführen.

Für Grob- und Feinarbeiten

Bis jetzt waren die ISS-Astronauten stets auf den Roboterarm des Shuttle angewiesen, wenn größere Gegenstände wie Container bewegt werden mussten. Der eigene ISS-Arm soll nicht nur Lasten hieven, sondern auch Feinarbeiten leisten.

Zu diesem Zweck soll er bei einer der nächsten Shuttle- Missionen eine "Hand" bekommen: einen kleinen, hoch beweglichen Roboter als Endteil.

Der große Greifarm soll im Juni an der ISS eine Druckkammer für die Weltraumausstiege der Astronauten anbringen und in den Jahren 2002 und 2003 weitere Sonnensegel montieren.

Porträts der Crew-Mitglieder der Endeavour

Die Endeavour befördert eine internationale Crew: vier US-Amerikaner, ein Kanadier, ein Italiener und ein Russe.

Kommandeur Kent Rominger wird der erste Pilot sein, der zum zweiten Mal ein Andockmanöver steuert. Zum ersten Mal brachte er die Endeavour vor zwei Jahren zu ISS. Rominger, 44, aufgewachsen in Del Norte, ist Kapitän der US-Marine. Er wurde 1992 Astronaut und absolviert schon seinen fünften Flug im Shuttle.

Pilot Jeffrey Ashby ist der erfahrenste Pilot der NASA. Als Hauptmann der US-Marine flog er 33 Einsätze während des US-Angriffs auf Irak vor zehn Jahren. Er wird hauptverantwortlich die Installation des neuen Roboterarms leiten. Ashby, 46, stammt aus Evergreen, ist seit 1994 Astronaut und hat einen Flug im All hinter sich.

John Phillips ist mit 50 Jahren einer der ältesten Menschen im All. Er war Pilot der Marine und studierte dann Geophysik und Astrophysik in Los Angeles. Dort beteiligte er sich an den Forschungen für den NASA-Flug zur Venus. Später wirkte er am Ulysses-Programm mit. Auf seinem ersten Flug ins All wird er als Bordingenieur arbeiten.

Scott Parazynski wird zweimal aussteigen, um den Roboterarm zu befestigen. Der 39-Jährige ist zum vierten Mal im All unterwegs, seit er 1992 Astronaut wurde. Parazynski studierte Biologie und Medizin in Stanford und beschäftigte sich mit den Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den menschlichen Körper. Er ist in Palo Alto zu Hause.

Astronaut Chris Hadfield ist der dritte Kanadier, der die ISS besucht und der erste, der einen Weltraumspaziergang unternehmen wird. Hadfield, 41, ist Oberst der Kanadischen Luftwaffe und wuchs in Ontario auf. Er ist seit 1992 Astronaut und war bereits auf der Mir.

Der italienische Astronaut Umberto Guidoni ist zum zweiten Mal im All. Der 46-Jährige Astrophysiker aus Rom ist der erste, der für die Europäische Weltraumbehörde ESA zur ISS fliegt. Er ist verantwortlich für das Ent- und Beladen von Raffaello, dem wiederverwendbaren Container aus Italien. Er bringt seinen Kollegen auf der ISS Parmesan und Opern-CDs mit.

Für den russische Kosmonaut Juri Lonchakow ist es der erste Flug ins All. Er ist Leutnant der Russischen Luftwaffe und seit 1997 Kosmonaut. Er stammt aus Kasachstan. Er wird Versorgungsgüter von der Endeavour in die ISS befördern und IMAX-Bilder machen. Eventuell wird er als Dauerbewohner zur ISS zurückkehren.

Einigung über Schlafzimmer im All

Kurz vor dem Start hatten sich die Weltraumbehörden der USA und Italiens auf eine Kooperation beim Bau von Wohnquartieren für die ISS geeinigt. "Italien wird das Schlafzimmer der Internationalen Raumstation bauen", sagte NASA-Chef Daniel Goldin.

Goldin und sein italienischer Kollege Sergio DeJulio unerzeichneten einen Vorvertrag über den Ablauf der weiteren Verhandlungen. Das endgültiges Abkommen soll Endes des Jahres geschlossen werden. Italien hat bislang zwei Frachtmodule für die ISS gebaut.

DeJulio zufolge soll das neue Wohnmodul genug Platz für vier Besatzungsmitglieder bieten. Im Idealfall werde es groß genug sein, um zusätzlich auch die drei in dem russischen Modul Swesda untergebrachten Astronauten für gemeinsame Mahlzeiten oder Filmvorführungen zu beherbergen. Goldin sagte, viele Einzelheiten müssten noch besprochen werden, einschließlich die Kosten für das neue Modul.

Die ISS wird gemeinsam von den USA, Russland, Europa, Japan und Kanada gebaut. Die rund 200 Milliarden Mark teuere Station soll 2006 fertig gestellt sein.

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