Psychologie:Wie Gott zum Fallschirmsprung verleitet

Religiöse Gefühle verleiten dazu, besondere Risiken einzugehen. Ist Gott im Spiel, trauen sich viele eher einen Sprung mit dem Fallschirm zu oder nehmen große Gefahren hin - allerdings nicht bei allen Taten.

Von Sebastian Herrmann

Der Glaube an Gott verleitet manchen dazu, besondere Risiken einzugehen. Was soll schon passieren, so mögen religiöse Menschen denken, wenn die höchste Macht des Universums über einen wacht? Schon die Erwähnung des Begriffs "Gott" bringt sie mitunter dazu, größere Gefahren zu akzeptieren, berichten Psychologen um Daniella Kupor von der Stanford-Universität im Fachmagazin Psychological Science (online).

Doch der Glaube an die Unterstützung Gottes lässt Menschen nur unter einer Bedingung besondere Gefahren in Kauf nehmen: Die Risiken dürfen nicht moralisch aufgeladen sein. Der Glaube an spirituellen Beistand lässt also einen Fallschirmsprung als eher beherrschbar erscheinen; moralisch geächtete Gefahren wie Drogenkonsum gehen Menschen nicht mit höherer Wahrscheinlichkeit ein, wenn sie sich zuvor der Hilfe Gottes versichern.

Höhere Risiken beim Glücksspiel

Acht Experimente mit mehreren Hundert Probanden organisierten die Psychologen um Kupor. Dazu setzten sie auf sogenanntes Priming: Reize wie etwa das Nennen von Begriffen - so die Theorie - aktivierten passende Gedächtnisinhalte der Versuchspersonen, was sich wiederum auf deren Verhalten auswirken sollte. Die Teilnehmer der Studie wurden zum Beispiel mit Werbebotschaften für Fallschirmsprünge konfrontiert, in denen das Wort "Gott" verwendet wurde oder eben nicht.

In anderen Versuchen nahmen die Probanden an Spielen teil, bei denen sie Geld gewinnen und verlieren konnten. Hatten die Psychologen per Priming zuvor Gott ins Gedächtnis gerufen, waren die Probanden eher bereit, sich am Fallschirm in die Tiefe zu stürzen, oder riskierten beim Spiel während des Experiments deutlich mehr.

Gott werde als Quell der Sicherheit wahrgenommen, schreiben die Psychologen. Es sei tatsächlich der Glaube an die Unterstützung durch diese Wesenheit, die Menschen größere Risiken eingehen lasse. Dieser Mechanismus wirke sogar, wenn die Vorstellung eines Gottes nur implizit durch Priming geweckt worden und der betreffende Mensch nicht sehr religiös sei.

Psychologen von der Universität Nimwegen, die kürzlich in Social Psychological and Personality Science einen ähnlichen Befund veröffentlicht haben, erklären ihr Ergebnis hingegen mit der Kontrollillusion: Wer das Gefühl hat, ein Risiko sei beherrschbar, gehe es auch eher ein - und sei es nur, weil er sich zuvor per religiösem Ritual das Gefühl von Sicherheit geholt hat.

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