Psychologie:Werbewirksame Warnungen

Warnhinweise auf Zigarettenschachteln

Kurzfristig wirken Warnhinweise wie gewünscht - längerfristig sieht das anders aus

(Foto: DPA/DPAWEB)

Warnungen vor möglichen bösen Nebenwirkungen von Produkten gehen manchmal nach hinten los. Fällt eine Kaufentscheidung erst einige Zeit, nachdem vor einer Ware gewarnt wurde, können die Informationen sie sogar attraktiver machen.

Von Sebastian Herrmann

Was sofort hilft, geht langfristig manchmal nach hinten los. Klar, wer seine Stimmung mit viel Alkohol hebt, leidet am nächsten Tag unter einem hässlichen Kater. Und wer sich eine Freude bereitet, indem er heute viel Geld für schöne Dinge verpulvert, kann sich morgen vielleicht wirklich Wichtiges nicht mehr leisten.

Doch nicht immer liegt der Zusammenhang von kurzfristigem Nutzen und langfristigem Schaden so sehr auf der Hand wie in diesen Beispielen.

Was etwa Psychologen um Yael Steinhart von der Universität Tel Aviv im Fachmagazin Psychological Science (online) berichten, klingt zunächst antiintuitiv. Demnach können Warnungen vor bösen Nebenwirkungen - etwa auf Zigarettenschachteln - die Attraktivität des Produktes nach einiger Zeit erhöhen. Der Hinweis auf die schlimmen Folgen des Rauchen reduziert allenfalls kurzfristig die Lust auf Tabak, zeigen die Forscher.

Warnhinweise auf Zigarettenschachteln sind seit Jahren allgegenwärtig, ebenso Informationen über Nebenwirkungen von Medikamenten oder anderen Produkten. In vier Versuchen haben die Forscher um Steinhart nun Indizien dafür gefunden, dass diese Warnungen kontraproduktiv sein können.

In einem Versuch präsentierte das Team seinen Probanden Werbung für künstliche Süßstoffe, in der entweder Hinweise auf Nebenwirkungen enthalten waren oder nicht. Anschließend überprüften die Forscher die Bereitschaft der Probanden, das Produkt zu kaufen.

Fragten sie kurz nachdem diese die Werbung gesehen hatten, dämpfte eine Warnung vor gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen erwartungsgemäß die Kauflust. Nach zwei Wochen kehrte sich der Effekt um: Nun waren ausgerechnet jene bereit, mehr zu kaufen, die zuvor Werbung mit der Warnung gesehen hatten.

Diesen Zusammenhang beobachteten Steinhart und seine Kollegen auch in drei weiteren Versuchen, in denen Werbung für Zigaretten, Potenzmittel und ein Produkt gegen Glatzenbildung gezeigt wurde. Stets steigerten eigentlich negative Nachrichten die Attraktivität der Waren, wenn die Kaufentscheidung und die Präsentation der Informationen zeitlich getrennt waren.

"Die Warnhinweise erhöhen die Glaubwürdigkeit der Werbebotschaften", schreiben die Autoren. Die unmittelbare Aussage ("Rauchen verursacht Krebs") wirke nur kurzfristig und verblasse dann. Das unbestimmte Gefühl von Glaubwürdigkeit halte hingegen länger an, argumentieren die Psychologen - und darin liege das Problem. Am Ende verknüpft sich so eine unbestimmte positive Empfindung mit einem Produkt, vor dem eigentlich gewarnt werden sollte.

Ähnliche Effekte haben Psychologen um Ian Skurnik und Norbert Schwarz beobachtet. Die Forscher legten Probanden Informationen der US-Seuchenschutzbehörde zu Fakten und Mythen rund um die Grippeimpfung vor.

Die Aussagen war so aufbereitet, dass manchmal falsche Aussagen als Überschrift präsentiert und dann in einem Text widerlegt wurden. Kurzfristig wirkte das, die Leser konnten zuverlässig Fakten von Mythen unterscheiden. Nach einigen Stunden verkehrte sich das Bild, nun hatten sie mehr Fehler verinnerlicht als zuvor. Die komplizierten Korrekturen waren verblasst, die griffigen Mythen in Erinnerung geblieben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: