Psychologie:Verstrahlt

Eine gute Führungskraft gleicht einem Heilsbringer, richtig? Nicht unbedingt. Psychologen der Uni Gent haben nun herausgefunden, dass sowohl zu viel als auch zu wenig Charisma schädlich für die Leistung der Mitarbeiter sein kann.

Von Sebastian Herrmann

Besitzt eine Führungskraft zu viel Charisma, wirkt sich das negativ auf deren Leistung aus. Das Gleiche gilt, wenn der Chef ein Anti-Charismatiker ist, auch unter diesen Umständen führt sein Wirken eher zu suboptimalen Ergebnissen. Das berichten Psychologen um Jasmine Vergauwe von der Universität Gent im Fachblatt Journal of Personality and Social Psychology. Die perfekte Führungskraft, so argumentieren die Wissenschaftler, verfüge über ausreichend Charisma, ohne gleich die Aura eines Heilsbringer auszustrahlen.

Was eine einnehmende Ausstrahlung eigentlich ausmacht und wie sich diese definieren lässt, darüber herrscht in der Forschungsliteratur einige Unklarheit. Die Psychologen um Vergauwe erklären ihre Vorstellung von Charisma als Mixtur von vier Persönlichkeitsmerkmalen: Kühnheit, Verschmitztheit, Vielseitigkeit und Einfallsreichtum. Mithilfe von Fragebögen ermittelten die Forscher schließlich die Charisma-Werte von 600 Führungskräften und ließen deren Effektivität beziehungsweise Arbeitsleistung von Kollegen und Mitarbeitern bewerten. Unter den Super-Charismatikern litten die Ergebnisse der von ihnen geführten Teams, weil diese Führungskräfte bei der Verteilung konkreter Aufgaben eher schludrig handelten. Bei den Anti-Charismatikern minderte sich die Leistung der Mannschaft, weil es diese Chefs kaum vermögen, Visionen zu vermitteln und Angestellte mitzureißen. Führungskräfte mit mittlerer Ausstrahlung motivierten ihre Mitarbeiter eher, konkrete Aufgaben zu erledigen und zugleich langfristige Visionen anzunehmen.

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