Primatologie:Die Steinzeit bricht an

Auch Kapuzineraffen stellen Steiwerkzeuge her

Affen am Werk.

(Foto: M.Haslam/dpa)

Technologischer Durchbruch im brasilianischen Dschungel: Dort haben Kapuzineraffen gelernt, Faustkeile anzufertigen. Das wirft ein neues Licht auch auf die Evolution des Menschen.

Von Christian Weber

Im brasilianischen Dschungel, genauer gesagt im Nationalpark Serra da Capivara, sind einige Affen offenbar in der frühen Steinzeit angekommen. Diesmal sind es nicht die notorisch einfallsreichen westafrikanischen Schimpansen, sondern die vermeintlich schlichteren Rückenstreifen-Kapuziner (Sapajus libidinosus), die - wenn auch eher zufällig - eine neue Technologie entwickelt haben. Ein Forscherteam um Tomos Proffitt, Lydia Luncz und Michael Haslam von der Primate Archaeology Group der University of Oxford konnte die Tiere dabei beobachten, wie sie Steine zerschlagen. Die Werkzeuge, welche dabei entstehen, sind kaum von jenen Faustkeilen zu unterscheiden, mit denen Menschen im Pleistozän arbeiteten: scharfkantige Steine mit muschelförmigen Bruchflächen.

Insgesamt dokumentieren die Forscher 111 Objekte (Nature). Allerdings weisen die Wissenschaftler auf einen wesentlichen Unterschied zum Werkzeuggebrauch der frühen Homininen hin. Die Kapuzineraffen scheinen die Faustkeile ohne Absicht herzustellen. Vermutlich zerschlagen sie die Steine eher, um Flechten zu lösen und an Mineralien wie Silizium zugelangen, das ein wichtiger Spurennährstoff ist. Das sei offenbar der Grund, wieso sie die Steine ablecken. Außerdem benutzen die Tiere die Splitter und Kernsteine lediglich als Hammer, nicht aber zum Schneiden und Schaben, was sich eigentlich anbieten würde. Aber vielleicht kommen ja künftige Generationen noch auf diese Idee. Wie das gleiche Forscherteam erst in diesem Sommer berichtete, haben die Kapuzineraffen auch erst vor 700 Jahren entdeckt, das man mit harten Quarziten Nüsse knacken kann. Fortschritt ist auch im Dschungel möglich.

Auf jeden Fall seien die Ergebnisse wichtig für die Betrachtung der Evolution des Menschen, schreiben die Forscher. Nun sei klar, dass für die Herstellung von Faustkeilen nicht - wie oft vermutet - bestimmte kognitive Fähigkeiten oder Handformen nötig sind, über die nur Menschen und ihre Vorfahren verfügten.

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