Planetenkunde:Sturmsaison auf dem Saturn

Saturn

Der letzte große Sturm auf dem Saturn von 2010 und 2011.

Alle 30 Jahre bilden sich monströse Gewitterstürme auf dem beringten Planeten. Jetzt erklären Forscher den Rhythmus dieser weißen Flecken, die sich zu Bändern auswachsen.

Von Christopher Schrader

Ungefähr alle dreißig Jahre werden Astronomen nervös. Sie richten ihre Teleskope auf den Saturn, und jeder möchte der erste sein, der das Auftauchen eines neuen Sturms vermeldet. Dieser zeigt sich als weißer Fleck in der nördlichen Atmosphäre, der sich über die Monate zu einem Band um den ganzen Planeten ausdehnen kann.

Der letzte solche Sturm wurde 2010 und 2011 gesichtet, ein iranischer Hobbyastronom gilt als Entdecker. Später gab es erstaunliche Berichte: Der Sturm hatte eine Ausdehnung von 10 000 Kilometern, ragte 300 Kilometer über die sonstigen Wolken auf, aus ihm zuckten bis zu zehn Blitze pro Sekunde, und seine Winde erreichten 500 Kilometer pro Stunde. Doch was genau solche Stürme auslöst, darüber weiß die Wissenschaft noch wenig.

Zwei Planetenforscher vom California Institute of Technology in Pasadena haben nun eine Erklärung vorgelegt, warum die Stürme so selten auftreten: Wasserdampf in der Atmosphäre dämpfe die Bewegungen dort. Die Gashülle des Planeten besteht im Wesentlichen aus Helium und Wasserstoff; Wasserdampf ist im Gegensatz dazu recht schwer. Er kann also die Konvektion bremsen, bei der sich Luftmassen wie ein Paternoster-Aufzug umwälzen und dabei Wärmepakete verschieben. So gelange, schrieben Cheng Li und Andrew Ingersoll, für lange Zeit die Energie nicht nach oben, wo sie für die Entstehung von Gewittern sein müsste.

Erst wenn die Atmosphäre von oben her weit genug abkühle, werde die Sperre durchbrochen und es bilde sich ein gewaltiger Sturm. Falls die Atmosphäre mindestens ein Prozent Wasserdampf enthält, was als realistisch gilt, ergibt sich eine Zyklusdauer von 60 bis 70 Jahren (Nature Geoscience).

Das passt deswegen zu den Beobachtungen, weil die weißen Flecken etwa alle 30 Jahre immer abwechselnd in der Nähe des Äquators und deutlich weiter im Norden auftauchen. Dieser Wechsel und das Fehlen von Stürmen im Süden spreche auch dagegen, dass die Gewitter etwas mit Jahreszeiten zu tun haben, sagt Leigh Fletcher von der Oxford University. Weil ein Saturnjahr 30 Erdjahre dauert, wäre das eigentlich die naheliegende Erklärung. Beim letzten Mal habe sich auf ungefähr 40 Grad nördlicher Breite ein gewaltiger Antizyklon gebildet, ein im Uhrzeigersinn rotierender Gaswirbel, der 80 Grad wärmer als die Umgebung gewesen sei, berichtet er.

Während des Sturms sei zudem die Menge von Wasserdampf in der obersten Atmosphäre um das Hundertfache angestiegen, sagt Paul Harthogh vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen; er findet die These der Kollegen aus Pasadena darum interessant, auch wenn sie noch nicht alle Fragen beantwortet. Zum Beispiel müsste der Mechanismus eigentlich auch zum Anstieg anderer Spurengase führen, der aber nicht beobachtet wurde.

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