Plagiatsvorwurf:Mildes Urteil

Eine Kommission der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität hat den Psychiater Martin Keck entlastet. Dem Wissenschaftler war vorgeworfen worden, Teile seiner Habilitationsschrift plagiiert zu haben.

Von Christina Berndt

Ein Untersuchungsgremium der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) entlastet den Psychiater Martin Keck vom Vorwurf des grob fahrlässigen oder bewussten wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Ein solches sei nicht erwiesen - jedenfalls nicht nach den Kriterien der LMU, so lautet das Fazit des Untersuchungsausschusses. Eineinhalb Jahre lang hatte das Gremium untersucht, ob der Chefarzt der Klinik am Münchner Max-Planck-Institut für Psychiatrie in seiner Habilitationsschrift Daten von Mitarbeitern auf unlautere Weise verwendet hat. Nun teilt die Pressestelle der Universität auf Nachfrage mit: "Der Untersuchungsausschuss hat einen Verstoß gegen die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis festgestellt." Aber nach Prüfung der Ereignisse im Jahr 2003 und der individuellen Umstände, könne der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens nicht erhoben werden.

Der Beschluss sei einstimmig ergangen, heißt es. Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) zeigte sich erleichtert. "Die MPG freut sich, insbesondere für Herrn Prof. Keck, dass nun endlich Klarheit in der Sache hergestellt werden konnte", teilte eine Sprecherin mit.

Zu dem Plagiatsverfahren hatten anonyme Vorwürfe geführt, die auf ausgedehnte Dopplungen zwischen der Habilitationsschrift des Professors und Dissertationen seiner Doktoranden hinwiesen. Identische Abschnitte fanden sich nicht nur im Ergebnisteil, sondern auch in der Einleitung und in der Diskussion, die als besonders wichtig für die akademische Leistung gelten. Beide Doktorarbeiten waren nachweislich vor der Habilitationsschrift eingereicht worden. Dennoch hat der Professor die Dissertationen nicht zitiert, wie es im wissenschaftlichen Publikationswesen üblich wäre. Eine Doktorandin hat Keck in seiner Habilitationsschrift lediglich in der Danksagung erwähnt, der Name eines weiteren Doktoranden taucht gar nicht auf. Die Texte seien "das Ergebnis gemeinsamer, von mir geleiteter Anstrengungen", erklärte Keck zwischenzeitlich in einer Stellungnahme. "Die identischen Textpassagen sind daher der allgemein akzeptierten und nicht anders zu bewerkstelligenden wissenschaftlichen Arbeitsweise meines Fachgebietes geschuldet."

Ein Habilitand darf die Daten von ihm betreuter Doktoranden für seine Arbeit verwenden - darauf hat der damalige Ombudsman für Wissenschaft der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Wolfgang Löwer, bei Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Keck im Mai 2016 hingewiesen. Dies unterliege aber klar dem Zitiergebot. Dass beteiligte Wissenschaftler genannt werden, ist auch nach Ansicht des LMU-Untersuchungsausschusses erforderlich. Auch die Plattform Vroniplag nahm sich des Falls an und fand neben den Dopplungen mit den beiden Dissertationen weitere Übernahmen aus einer fremden Habilitationsschrift und einem Handbuch - jeweils ohne Zitation. Auf insgesamt 72 Seiten der 174-seitigen Habilitation Kecks hat Vroniplag Übereinstimmungen entdeckt. 43 Seiten enthielten mehr als 75 Prozent Plagiatstext. Auch reklamierten Keck und ein Doktorand beide für sich, dieselbe Fragestellung "erstmalig untersucht" zu haben. Darüber hinaus, so Vroniplag, gebe der Verfasser in mindestens elf Fällen Quellen an, in denen sich nicht die proklamierten Belege finden ließen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: