Physik:Um die Ecke aufgenommen

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Was tun, wenn eine Wand die Sicht versperrt? Man nimmt einen Laser und eine Spezialkamera und zeichnet die Objekte dahinter um die Ecke herum auf. So machen es jedenfalls Wissenschaftler am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, USA.

Markus C. Schulte von Drach

Nicht durch die Wand, aber immerhin um die Ecke können Wissenschaftler vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, USA, mit ihrer Spezialkamera schauen. Und dazu nutzen sie kein Periskop.

Sie schießen vielmehr Laserpulse an einem Hindernis vorbei, das die Sicht auf ein Objekt versperrt. Das Licht wird von einer weißen Wand dahinter zurückgeworfen und streut dabei in alle Richtungen. Ein Teil fällt auf das Zielobjekt und wird erneut reflektiert. Und einiges von dem Licht, das zurück auf die hintere Wand gestrahlt wird, erreicht schließlich die Kamera.

Auch das normale Licht wird von den Flächen reflektiert, wie stark und welcher Teil des Spektrums, das hängt von den Eigenschaften der Oberfläche ab. Deshalb können wir überhaupt Gegenstände sehen, und wegen dieses Streulichts ist es auch im Schatten meist nicht völlig dunkel.

Dieses Licht, das von der weißen Wand zurückgeworfen wird, bietet dem normalen Auge und der gewöhnlichen Kamera jedoch keine Informationen über die Objekte, von denen es kommt. Es wird überlagert vom Licht, das direkt von der Wand reflektiert wird.

Die Forscher um Andreas Velten verwendeten deshalb einen Laser, der ultraschnelle Impulse auf die hintere Wand abfeuerte. Auf dem gleichen Weg wie anderes Licht kam ein Teil dieses Licht-Stakkatos bei der Kamera an und wurde von dieser mit einer zeitlichen Auflösung von zwei Pikosekunden (zwei Billionstel einer Sekunde) aufgenommen.

Während eines Versuchs veränderten die Wissenschaftler den Winkel, mit dem der Laser feuerte, etwa sechzigmal, so dass das Objekt - eine Puppe - gewissermaßen abgetastet wurde. Die Kamera berechnete aus der Form der zurückgeworfenen Lichtpulse und der Zeit, die seit dem Abfeuern vergangen war, die Form des versteckten Gegenstands und erstellte ein Bild davon. Zwar ergab sich so kein exaktes Abbild der Puppe, aber immerhin ein dreidimensionales Bild, das die wichtigsten geometrischen Eigenschaften wiedergab.

Ein Blick auf Gegenstände, die eigentlich außer Sicht sind, ist den Wissenschaftlern zufolge interessant für die Arbeit in einer gefährlichen Umgebung, etwa innerhalb einer Maschine mit sich bewegenden Teilen oder chemisch oder radioaktiv verseuchten Arealen, in denen auch Roboter nicht arbeiten können.

"Die Möglichkeit, schnell vollständige Informationen über ein Szenario zu gewinnen, kann im Umgang mit Katastrophen und bei Such- und Rettungsmaßnahmen, aber auch für die autonome Navigation von Robotern nützlich sein", schreiben Velten und sein Team im Fachmagazin Nature Communications.

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