Pharaonengrab:Diese Kammern wären ein Schatz

Ägyptologen vermuten weitere Räume im Grab von Tutenchamun. Erweist sich das als wahr, wäre es eine archäologische Sensation.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Ägypten steht womöglich vor der größten archäologischen Sensation, seit Howard Carter 1922 im Tal der Könige das unversehrte Grab des Kinderpharaos Tutenchamun entdeckt hat. Antiken-Minister Mamdouh el-Damaty sagte der englischen Ausgabe der staatlichen Zeitung al-Ahram, eine erste Untersuchung des Grabes in Theben-West durch den britischen Archäologen Nicholas Reeves und ihn selbst habe ergeben, dass hinter der nördlichen und westlichen Wand weitere Kammern verborgen lägen. Das alleine wäre schon ein spektakulärer Fund, unabhängig davon, was sich in den Kammern befindet.

Reeves hatte im August Aufsehen erregt mit einem Aufsatz, in dem er die Theorie aufstellte, dass es nicht nur weitere Kammern geben müsse, sondern dass dort ursprünglich Nofretete beigesetzt worden sei. Reeves berief sich dabei auf hochauflösende dreidimensionale Scans des Grabes. Die Räume müssten den Grabräubern ebenso wie die bisher bekannten vier Kammern des auffällig kleinen Grabes verborgen geblieben sein. Der Grabschatz des Tutenchamun mit der massiven goldenen Totenmaske ist heute im Ägyptischen Museum in Kairo ausgestellt.

El-Damaty sagte, es gebe Kratzer und Spuren an beiden Wänden, die jenen ähnelten, die am Eingangstor zum Grab gefunden worden seien, als es 1922 entdeckt wurde. Das sei ein Indiz dafür, dass es weitere Kammern in dem Grab gebe. Reeves sagte, die Untersuchung habe gezeigt, dass die Decke des Grabes sich hinter den Wänden fortsetze, die mit aufwendigen Malereien dekoriert sind. Er sei nun weitgehend überzeugt, dass dahinter weitere Kammern liegen. Es bleibe nur, die Ergebnisse einer geplanten Radar-Untersuchung abzuwarten. Sie soll definitiven Aufschluss darüber geben, ob sich hinter den Wänden Hohlräume befinden, wie groß sie gegebenenfalls sind und ob sie Gegenstände enthalten. Der Vorteil diese Methode ist, dass dafür die Wände nicht beschädigt werden müssen.

El-Damaty, selbst Ägyptologe, der einen Teil seiner Ausbildung in Deutschland absolvierte, hatte Reeves nach Ägypten eingeladen, um seine Theorie vorzustellen und an einer Überprüfung im Grab des Tutenchamun mitzuwirken. Vorläufige Ergebnisse will man am Donnerstag in Kairo mitteilen; die Radaraufnahmen würden am 4. November veröffentlicht, kündigte El-Damaty an, dem Jahrestag, an dem Carter das Grab gefunden hatte. Deutsche Archäologen sagten, eine seriöse Einschätzung sei erst möglich, wenn der Minister die Ergebnisse der Untersuchungsmethoden mitteile.

Der Einladung an Reeves vorausgegangen waren kontroverse Diskussionen in Fachkreisen, in der viele Wissenschaftler zwar Reeves' Beobachtung und Analyse der Architektur des Grabes für höchst interessant erachteten, seine weitergehende, daraus abgeleitete Theorien zu Nofretete allerdings bezweifelten. Auch El-Damaty sagte, er halte es für unwahrscheinlich, dass in dem Grab ursprünglich Nofretete bestattet worden sei, die Stiefmutter Tutenchamuns und Gemahlin Pharao Echnatons. Eher halte er es für plausibel, dass der junge Pharao im Grab seiner Mutter bestattet worden sei, Königin Kija, einer Nebenfrau Echnatons. Das Grab der Nofretete vermuten viele Ägyptologen nahe Tell el-Amarna, rund 300 Kilometer südlich von Kairo, wo sich die Hauptstadt von Echnatons Reich, Achet-Aton, befand.

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