Patientenrechte:Länder fordern mehr Schutz gegen Ärztepfusch

Besserer Schutz vor Behandlungsfehlern, kürzere Wartezeiten beim Arzt und Anspruch auf eine Zweitmeinung - Zehn Bundesländer haben einge ganze Liste von Forderungen vorgelegt. Ob sie im Bund Gehör finden, ist offen.

Guido Bohsem

Patienten sollen besser vor ärztlichen Behandlungsfehlern und ihren Folgen sowie vor überhöhten Honoraren geschützt werden. Ärzteschaft und Kassen müssen gegen lange Wartezeiten auf Termine vorgehen. Und umfassende Aufklärung sowie der Anspruch auf eine Zweitmeinung werden zu zentralen Rechten. Das alles sieht eine Initiative von zehn Bundesländern vor, die Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) am Freitag in Berlin vorgestellt hat. "Unser Ziel ist der mündige Patient, der auf Augenhöhe mit dem Arzt entscheiden kann", sagte sie. Ihre nordrhein-westfälische Amtskollegin Barbara Steffens (Grüne) sagte, die Initiative stelle den Menschen in den Mittelpunkt der Gesundheitsversorgung. Die Diskussion um ein einheitliches Patientenrecht hält schon seit zwei Dekaden an. Bislang sind die einzelnen Regelungen auf verschiedene Gesetzesbücher verteilt. Zudem haben Gerichte mit ihren Urteilen neue Standards geschaffen, die teilweise noch nicht als gesetzliche Regelung fixiert wurden. Diese sollen nun nach dem Willen der Länder in ein Gesetz zusammengefasst werden. Auch die Bundesregierung hegt entsprechende Pläne. Sie hat im Frühjahr nach längerem Streit zwischen Justiz- und Gesundheitsministerium ein Grundlagenpapier vorgelegt - das aber im Gegensatz zu den Forderungen der Länder nur an wenigen Stellen über die geltende Rechtslage hinausgeht. Die beiden Ministerinnen forderten die Regierung nun auf, noch in diesem Jahr einen Gesetzesentwurf vorzulegen. Die Vorstellungen der Bundesländer sollten dabei berücksichtigt werden. Andernfalls wollten die Länder handeln: "Aus den Eckpunkten kann auch eine Gesetzesinitiative werden", sagte Prüfer-Storcks. Im Gesundheitsministerium von Ressortchef Daniel Bahr (FDP) hieß es, die Arbeiten an einem Gesetzesentwurf liefen. Sie seien womöglich schon in den kommenden Wochen abgeschlossen. Großen Wert legen die Länder darauf, dass Patienten ein Anrecht auf eine neutrale Behandlung erhielten. Eine Zweitmeinung müsse deshalb in Zukunft von der Krankenversicherung bezahlt werden. Die Ärzte sollen verpflichtet werden, ihre Diagnose und die Therapieempfehlung in einem allgemeinverständlichen Patientenbrief zu beschreiben. Der Arzt soll einen solchen Brief schreiben, wenn eine neue oder veränderte Diagnose gestellt wurde. Sofern der Arzt seine Behandlung mit einem Computer dokumentiert, muss sichergestellt werden, dass diese Unterlagen nicht nachträglich verändert werden können - beispielsweise, um einen Kunstfehler zu vertuschen. Ist die Dokumentation mangelhaft oder fehlt sie vollständig, droht den Medizinern im Prozessfall eine Beweislast-Umkehr. Das heißt, der Patient muss nicht mehr nachweisen, dass er falsch behandelt und deshalb geschädigt wurde. Stattdessen muss der Mediziner darlegen, dass der Schaden nicht durch seinen Eingriff erfolgte. Die Bundesländer regen zudem den Aufbau eines Härtefall-Fonds an, dessen Mittel geschädigten Patienten zugutekommt. Gezahlt wird etwa, wenn der Schaden nicht eindeutig zur Haftung der Klinik führt oder wenn eine sehr seltene Komplikation eintritt, die schwere Schädigungen verursacht. Auch den sogenannten individuellen Gesundheitsleistungen (Igel) sagen die Länder den Kampf an. Diese Therapien müssen die Patienten selbst zahlen. Die Kassen übernehmen die Kosten nicht, weil ihr medizinischer Nutzen oft nicht erwiesen ist. Weil Patienten immer häufiger darüber klagen, dass Ärzte ihnen solche Leistungen offensiv verkaufen wollen, planen die Länder eine deutliche Einschränkung dieses Bereichs: Demnach müssen Mediziner ihre Patienten künftig darüber informieren, warum die Kassen die Leistung nicht bezahlen. Zudem müssen sie auf eine kostenfreie Alternative aus dem Angebot der Kassen verweisen. In jedem Fall muss ein schriftlicher Vertrag vorliegen, und die Details der Vereinbarung müssen vom Arzt persönlich und nicht von der Sprechstundenhilfe dargelegt werden. Wenn die Honorarforderung unangemessen hoch ist und mehr als 50 Prozent über dem üblichen Preis liegt, muss der Patient nach dem Willen der Länder gar nichts mehr bezahlen.

Patientenrechte: Die Bundesländer regen den Aufbau eines Härtefall-Fonds an, dessen Mittel geschädigten Patienten zugutekommt.

Die Bundesländer regen den Aufbau eines Härtefall-Fonds an, dessen Mittel geschädigten Patienten zugutekommt.

(Foto: AP)
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