Paläontologie:Prügel-Vogel der Urzeit

Was macht ein Vogel mit seinen Flügeln, wenn er nicht mehr fliegt? Ein prähistorischer Verwandter der Ibisse entwickelte daraus offenbar schlagkräftige Waffen.

Markus C. Schulte von Drach

Wenn man seine Flügel schon nicht mehr zum Fliegen braucht, dann kann man damit wenigstens seine Gegner verprügeln. Nach diesem Motto scheint sich der Urzeitvogel Xenicibis xympethicus verhalten zu haben, dessen Fossilien Forscher auf Jamaika entdeckt haben.

Xenicibis

So stellen sich die Wissenschaftler den Kampf zwischen zwei Vögeln der Art Xenicibis xympethicus vor. Die Tiere haben ihre Flügel offenbar wie Knüppel eingesetzt.

(Foto: Nicholas Longrich/Yale University)

Die hühnergroßen Verwandten heutiger Ibisse, die bis vor etwa 10.000 Jahren auf der Insel lebten, besaßen ganz besondere Flügel, um ihre Territorien, Nester oder Jungtiere zu verteidigen. Dies zumindest vermuten die US-Wissenschaftler, die ihren Fund jetzt im Fachmagazin Proceedings of the Royal Society B beschreiben.

Die kurzen Fingerknochen, der lange, bananenförmige Handknochen (Metacarpus), der dicker als der Oberschenkelknochen war, und das bewegliche Handgelenk brachten die Forscher Nicholas Longrich von der Yale University und Storrs Olson vom Smithsonian National Museum of Natural History in Washington D.C. auf die Idee, dass die Gliedmaßen zur Waffe taugten.

Darüber hinaus besaßen die Tiere auch im Brustbereich auffällig starke Knochen und längere Flügel, als es bei flugunfähigen Vögeln sonst üblich ist. Zusammen mit den Brüchen, die die Forscher an zwei der Armknochen entdeckten, scheinen diese Merkmale einen Einsatz der Flügel als Knüppel zu bestätigen.

Die Knochen ähnelten einem Nunchaku, einer japanischen Waffe aus zwei Holzstäben, die mit einer kurzen Kette verbunden sind, erklärte Longrich auf livescience.com. "Dann wäre das eine Art Ninja-Vogel gewesen, allerdings ist der bessere Vergleich ein Paar Baseballschläger."

Bislang, so betonen die Wissenschaftler, sei ein ähnlicher Knochen noch bei keinem anderen Tier entdeckt worden, obwohl manche andere Vögel - etwa Schwäne - ihre Flügel ebenfalls als Waffe verwenden.

Der Fund scheint einmal mehr zu bestätigen, dass Sparsamkeit in der Evolution ein wichtiger Faktor ist: Wenn bereits bestimmte Körpermerkmale (hier der Flügel) vorhanden sind, so formen sich diese den Umweltansprüchen entsprechend eher um, anstatt dass sich ein Merkmal ganz neu entwickelt.

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