Packeis schrumpft auf neues Minimum:Gefährliches Tauwetter im Ewigen Eis

Das Packeis in der Arktis schmilzt, ein Loch im Eis ist mittlerweise so groß wie Holland. Doch es kommt noch schlimmer: Weil helles Eis mehr Sonnenlicht reflektiert als dunkles Wasser, beschleunigt sich der Klimawandel noch.

Patrick Illinger

Das Meereis in der Arktis wird in diesem Sommer auf ein neues Minimum zusammenschmelzen. Das aktuelle Tempo des Eisrückgangs lässt darauf schließen, dass der bisherige Negativrekord aus dem Jahr 2007 unterboten wird, teilte die Universität Bremen am Freitag mit.

A member of a team of Cambridge scientists trying to find out why Arctic sea ice is melting so fast, walks on some drift ice 500 miles from the North Pole

Ein Polarforscher, 800 Kilometer vom Nordpol entfernt.

(Foto: Reuters)

Demnach ist die Meereisfläche am Donnerstag auf 4,24 Millionen Quadratkilometer geschrumpft und lag damit unter dem entsprechenden Tageswert des Jahres 2007. Damals waren 4,27 Millionen Quadratkilometer gemessen worden. Dass in diesem Jahr ein Negativrekord zu erwarten ist, hatte sich bereits am Anfang der Woche abgezeichnet. "Die Eisdecke ist derzeit an den Rändern so stark aufgebrochen, dass die Sonneneinstrahlung die oberste Wasserschicht erwärmen kann und noch viele Schollen schmelzen werden", sagte Rüdiger Gerdes, Meereisphysiker am Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut am Montag.

Der Rückgang des sommerlichen Eises beträgt seit 1972 bereits 50 Prozent", warnt der Bremer Umweltphysiker Georg Heygster. Dabei hat die Packeisfläche in diesem Jahr offenbar eine andere Form als in den vergangenen eisarmen Perioden. In diesem Sommer gab es auffallend große eisfreie Flächen innerhalb der Packeis-Zone, zum Beispiel in der Laptev-See im Norden Russlands.

"Dieses Loch erweckt den Eindruck, als sei das Eis hier von unten geschmolzen. Es tat sich Anfang August auf und hat inzwischen die Größe Hollands erreicht", erklärte der Meereisforscher Lars Kaleschke vom Klimacampus der Universität Hamburg vor wenigen Tagen.

Auch Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts, die vor kurzem an Bord des Forschungseisbrechers Polarstern bis zum Nordpol vorgedrungen waren, bestätigten die geringe Dicke des Meereises. Messungen hatten einen Durchschnittswert von 90 Zentimetern ergeben. Im Jahr 2001 war das Meereis noch durchschnittlich zwei Meter dick.

Die Arktis gilt unter Klimaforschern als äußerst sensible Region. Die dortigen Eisflächen reagieren nicht nur empfindlich auf die Erderwärmung, sie bestimmen auch maßgeblich deren Voranschreiten. So wie sich ein weißes Auto unter Sonnenstrahlung weniger aufheizt als ein dunkles Fahrzeug, reflektiert die Eisfläche der Arktis mehr Sonnenstrahlung zurück in den Weltraum als das vergleichsweise dunkle Meerwasser. Schmilzt das Packeis der Arktis, kurbelt das den Klimawandel zusätzlich an.

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