Umwelt:Forscher stoßen auf verdächtige Mengen eines Ozonkillers

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Das Ozonloch über der Antarktis erholt sich langsam, allerdings langsamer als bisher angenommen. Das Bild zeigt eine Visualisierung aus dem Jahr 2015. (Foto: dpa)
  • Amerikanische Forscher sind womöglich einem Umweltverbrechen auf der Spur.
  • Sie fanden verdächtige Messwerte des Ozonkillers Trichlorfluormethan in der Atmosphäre.
  • Dessen Konzentration sinkt seit einigen Jahren langsamer als zu erwarten wäre.

Von Hanno Charisius

Während einer Reihe von Routinemessungen sind Atmosphärenforscher womöglich einem internationalen Umweltskandal auf die Spur gekommen. Sie stießen auf verdächtige Mengen einer Chemikalie in der Luft, die dafür bekannt ist, den Ozonschild der Erde zu zerstören. Den neuen Messreihen zufolge sinkt die Konzentration des Ozonkillers Trichlorfluormethan in der Atmosphäre seit 2012 deutlich langsamer, als nach den internationalen Umweltvereinbarungen zu erwarten wäre. Für die Gruppe um den Chemiker Stephen Montzka von der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) in Boulder, Colorado, ist das ein Hinweis auf den illegalen Ausstoß von Trichlorfluormethan.

Die Substanz gehört zu den Fluorchlorkohlenwasserstoffen, kurz FCKW, die früher unter anderem in Kühlschränken und als Treibmittel in Spraydosen verwendet wurden. Spätestens seit Anfang der 1980erJahre ist bekannt, dass diese Chemikalien das Ozon in den höheren Schichten der Erdatmosphäre zerstören und damit den natürlichen Schutzschild der Erde, der Pflanzen, Menschen und Tiere vor zu viel UV-Licht von der Sonne bewahrt. Nachdem Forscher regelmäßig Löcher in diesem Ozonmantel gemessen hatten, einigte sich die Weltgemeinschaft im September 1987 auf das Montreal-Protokoll. Es war das erste Vertragswerk der Vereinten Nationen, das alle Mitgliedsländer unterzeichnet haben und womit sie sich verpflichteten, sämtliche Stoffe abzuschaffen, die den Ozonschild zerstören können.

Das Abkommen ist eigentlich eine der Erfolgsgeschichten im globalem Umweltschutz. Durch weitreichende FCKW-Verbote erholt sich der Ozonmantel seit Anfang der 1990er-Jahre zusehends. Doch die schädlichen FCKW bauen sich in der Atmosphäre nur langsam über Jahrzehnte ab. Entsprechend träge schließt sich das Ozonloch. Hochrechnungen gehen davon aus, dass der Schutzschild erst 2070 wiederhergestellt ist - da sind die neuen Beobachtungen von Montzkas Arbeitsgruppe allerdings noch nicht einkalkuliert.

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Eigentlich sollte die Messkurve, die den Trichlorfluormethan-Gehalt in der Atmosphäre über die Jahre anzeigt, seit der Mitte der 1990er-Jahre wie mit dem Lineal gezogen abfallen. Tatsächlich aber gibt es um das Jahr 2012 herum einen Knick, seither sinkt die Konzentration langsamer als im Zeitraum davor und auch langsamer, als zu erwarten wäre, wenn man alle bekannten Quellen und Lagerstätten einbezieht. Zudem fanden die Messgeräte seit 2012 zunehmend mehr Trichlorfluormethan auf der nördlichen Erdhalbkugel als auf der südlichen.

Es wird nun noch länger dauern, bis sich das Ozonloch wieder geschlossen hat

Um etwa 25 Prozent habe sich der Abbau des Ozonkillers verlangsamt, schätzen Stephen Montzka und seine Kollegen im Wissenschaftsjournal Nature. Für sie lässt das nur den Schluss zu: Irgendwo auf der Erde werde der zerstörerische Stoff seit dem Jahr 2012 wieder hergestellt, ohne dass dies an die Vereinten Nationen berichtet worden wäre. Andere Erklärungen seien ausgeschlossen. "Das ist unvereinbar mit den Zielen des Montreal-Protokolls, das ein Ende der FCKW-Produktion bis zum Jahr 2010 festgesetzt hatte", schreiben die Wissenschaftler am Ende ihres Fachartikels.

Als Größenordnung für die freigesetzte Menge geben Montzka und seine Kollegen 13 000 Tonnen Trichlorfluormethan an. Da in die Berechnung viele unsichere Faktoren einflossen, etwa weil die Geschwindigkeit, mit der sich FCKW in der Atmosphäre verteilen, stark variieren kann, betont die Gruppe, dass dieser Wert auch 50 Prozent über oder unter der tatsächlichen Menge liegen könnte. Ihre Computersimulationen ergaben, dass die Quelle mit hoher Wahrscheinlichkeit in Ostasien liegt.

Die Atmosphärenchemikerin Michaela Hegglin von der University of Reading bescheinigt der Analyse ihrer Kollegen große Sorgfalt. Dies sei besonders wichtig angesichts der politischen Bedeutung des Fundes. Das Schließen des Ozonlochs könne sich durch die neuen Emissionen verzögern, sagt Hegglin - um wie viele Jahre, sei jedoch ohne komplizierte Berechnungen nicht zu sagen. Natürlich hänge es auch davon ab, wann die neue Quelle wieder versiegt. Diese müsse nun gefunden werden.

© SZ vom 17.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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