Ötzis Tod:Begräbnis unterm Gipfel

Bisher glaubten Wissenschafler, die Gletschermumie Ötzi starb in mehr als 3000 Metern Höhe. Die neueste Theorie lautet anders: Demnach sei Ötzi im Tal ermordet und erst später in die Berge gebracht worden.

Sebastian Herrmann

Die Gletschermumie Ötzi regt seit bald 20 Jahren die Phantasie von Wissenschaftlern an. Alle paar Monate veröffentlichen Forscher eine neue These zum Leben und Sterben des Mannes aus der Bronzezeit, dessen Mumie 1991 entdeckt wurde.

Ötzi

Blütenpollen im Magen der Eismumie sowie am Fundort deuten darauf hin, dass sie erst nach ihrem Tod auf dem Berg bestattet wurde.  

(Foto: dpa)

Die neueste Theorie lautet so: Ötzi starb keinesfalls nahe der Fundstelle auf der Südtiroler Seite des Similaun-Gletschers in mehr als 3000 Metern Höhe, sondern wurde im Tal ermordet. Dort habe man die Leiche zunächst kühl gelagert, so dass sie mumifizierte. Erst später wurde Ötzi in die Berge gebracht und dort rituell bestattet. Verfechter dieser These sind italienische Archäologen um Luca Bondioli vom Nationalen Museum für Frühgeschichte und Ethnologie in Rom (Antiquity, Bd. 84, S. 681, 2010).

Bisher hieß es, Ötzi habe sich vor 5300 Jahren bei einem Kampf im Tal schwer verletzt, sei dann auf den Berg geflüchtet und dort gestorben. Viele Details sprächen gegen diese Lesart, argumentieren Bondioli und Kollegen. Blütenpollen im Magen des Leichnams legen zum Beispiel nahe, dass Ötzi im April starb.

Die an seiner Fundstelle im Eis entdeckten Pollen weisen aber darauf hin, dass die Leiche dort im Spätsommer abgelegt wurde. Erst zu dieser Zeit im Jahr sei der Schnee am Similaun geschmolzen gewesen und habe einen Aufstieg möglich gemacht. Zudem analysierten die Wissenschaftler nun die Position der Gegenstände, die in der Nähe der Mumie gefunden wurden und wie diese mit der Zeit den Hang hinabrutschten.

Auf Grundlage dieser Daten kommen die Archäologen zu der Annahme, dass Ötzi einst auf einer erhöhten Steinplattform abgelegt worden sei - für sie ein Argument für die These eines feierlichen Begräbnisses. Dies würde auch erklären, warum manche von Ötzis Waffen nicht gebrauchsfertig waren und weshalb so viele Gegenstände bei der Mumie gefunden wurden; es habe sich um Grabbeigaben gehandelt, so die Archäologen.

Der Schweizer Mumienforscher Frank Rühli von der Universität Zürich, der Ötzi obduziert hat, ist nicht von der neuen These überzeugt. Die eigenartige Armstellung der Leiche spreche gegen ein feierliches Begräbnis, sagte er der britischen Nachrichtenseite BBC.

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